Was wurde nicht alles geschrieben in den vergangenen Wochen. Die FDP sei die neue starke Kraft, die Grünen und Grünliberalen hingegen nach dem Fukushima-Effekt von 2011 ausgelaugt.
Doch diese Analyse greift zu kurz. Sie befasst sich ausschliesslich mit den jüngsten Parlamentswahlen im Jahr 2015. Blickt man aber auf die kantonalen Parlamentswahlen in den vergangenen vier Jahren von 2011 bis 2015, ergibt sich ein viel differenzierteres Bild.
SVP gestärkt
Demnach haben die SVP und die Grünliberalen am meisten in der Wählergunst gewonnen. Die SVP musste zu Beginn zwar ein paar massive Verluste einstecken (St. Gallen, Schwyz, Uri, Thurgau), seit September 2012 hat sie allerdings in sämtlichen Kantonen – zum Teil massiv – zugelegt (z.B. Wallis: + 5,7 Prozentpunkte).
Erstaunlicherweise führen die Rangliste auch die Grünliberalen an. In vielen Kantonen profitierten sie erst in den vergangenen vier Jahren vom Newcomer-Bonus (z.B. Neuenburg: + 4,8 Prozentpunkte). Einzig in den Kantonen Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Luzern und Zürich mussten sie erstmals Einbussen hinnehmen.
Auch die SP kann auf ziemlich erfolgreiche vier Jahre zurückblicken. In vielen Kantonen strichen die Sozialdemokraten leichte Gewinne ein – am meisten in Freiburg mit 3,2 Prozentpunkten.
CVP mit Rekordverlust im Wallis
CVP und Grüne hingegen sind die grossen Verlierer der kantonalen Parlamentswahlen seit Herbst 2011. In der CVP-Hochburg Wallis verlor die selbsternannte Familienpartei 4,7 Prozentpunkte. Sie legte einzig in den Kantonen Uri, Genf, Zug und Basel-Landschaft leicht zu.
Auch die Grünen standen in den Kantonen in den vergangenen vier Jahren mehrheitlich im Regen. Nur noch in den fünf Kantonen Freiburg, St. Gallen, Solothurn, Wallis und Nidwalden sammelte die Partei weitere Wählerstimmen.
Die BDP war während drei Jahren auf bestem Wege, zu den Siegern zu gehören – bis im Herbst 2013 legte sie überall zu. Doch vor einem Jahr kam es bei den Kantonsratswahlen im Kanton Bern zum «Waterloo». Seither hat die Partei von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf sämtliche Wahlen (Glarus, Basel-Landschaft, Luzern und Zürich) verloren.
FDP stoppt Abwärtstrend
Interessant ist die Entwicklung bei der FDP: Gerade noch rechtzeitig aufs Wahljahr 2015 befreiten sich die Freisinnigen aus der Abwärtsspirale. Doch die Bilanz über die gesamte Legislaturperiode 2011 bis 2015 bleibt zwiespältig.
Der Politologe Daniel Bochsler vom Zentrum für Demokratie in Aarau (ZDA) mag aus dem «liberalen Frühling» wenig überraschend auch noch keine voreiligen Schlüsse ziehen.
Zwar könnten sich die Trends, die sich zu Beginn eines Wahljahres abzeichneten, oftmals halten. Die Resultate widerspiegelten aber immer auch den «Kantönligeist» und liessen sich nicht eins zu eins auf die nationale Ebene übertragen.