Seit über 50 Tagen regiert der Bundesrat das Land per Notverordnungen im Alleingang. Doch je länger dies dauert, desto grösser wird die Gefahr, dass der Bundesrat zum «Mikromanagement» neigt.
Jürg Müller von der liberalen Denkfabrik Avenir Suisse sagt: «Wenn man nach Bern schaut, hat man den Eindruck, dass man dort alles bis ins Detail regulieren will. Es kommt, zugespitzt formuliert, einer Planwirtschaft gleich. Doch es gibt die Regeln, die den Schutz der Bevölkerung gewährleisten. Innerhalb dieses Rahmens sollte die unternehmerische Freiheit gelten.»
Eine Auswahl für Mikro-Management:
- Der Bundesrat hat entschieden, dass Restaurants ab dem 11. Mai wieder öffnen dürfen – mit maximal vier Gästen pro Tisch.
- Er hat auch entschieden, dass «führende Detailhändler», also Grossverteiler, Schutzmasken zum Einstandspreis verkaufen sollen. Nach Protest der Apotheker erhalten diese nun auch bundesrätliche Masken und dürfen diese zum Einstandspreis verkaufen.
- Zoos und botanische Gärten bleiben auch nach dem 11. Mai geschlossen, während Museen oder Bibliotheken wieder öffnen dürfen
Bundesrat Guy Parmelin akzeptiert die Kritik ein Stück weit: «Der Bundesrat hat versucht, seine Fehler zu korrigieren», sagt er im Interview mit «ECO». Es sei nicht immer einfach für den Bundesrat und auch nicht für die verschiedenen Branchen, den richtigen Rahmen zu finden.
Kommt hinzu: Je länger die «ausserordentliche Lage» dauert, desto teurer die Rückkehr zu wirtschaftlicher Normalität.
Ein Ausschnitt aus den Geldern, die der Bund in Form von Krediten oder A-fonds-perdu-Beiträgen gesprochen hat:
- 20. März: Der Bundesrat beschliesst für die Arbeitslosenversicherung ALV 6 Milliarden Franken – nachdem er bereits 8 Milliarden gesprochen hatte – als A-fonds-perdu-Einlage sowie 4 Milliarden Franken A-fonds-perdu für die Erwerbsausfallversicherung EO.
- 26. März: Die vom Bundesrat verbürgten Überbrückungskredite für KMU in Höhe von 20 Milliarden Franken stehen bereit.
- 3. April: Der Bundesrat erhöht die Überbrückungskredite für KMU auf 40 Milliarden.
- 16. April: Der Bundesrat dehnt die Ausfallentschädigung auf Härtefälle unter den Selbständig-Erwerbenden um 1.3 Milliarden Franken aus.
- 29. April: Die Landesregierung stützt die Fluggesellschaften Swiss und Edelweiss mit 1.3 Milliarden sowie flugnahe Betriebe mit 600 Millionen Franken mittels Bürgschaftskrediten.
Insgesamt hat der Bundesrat über 10 Milliarden Franken A-fonds-perdu-Beiträge und knapp 50 Milliarden Bürgschaftskredite gesprochen.
Speziell die Milliarden-Garantie an die Swiss findet Jürg Müller stossend: «Man hört schon Klagen anderer Airlines, die Polster vor der Krise aufgebaut haben und gut gerüstet sind. Und bei Firmen, die vorher keine Polster gebildet haben und nun staatliche Hilfe erhalten, beklagen die anderen Airlines zurecht eine Verzerrung des Wettbewerbs.»
Wirtschaftsminister Guy Parmelin entgegnet dazu: «Swiss ist extrem wichtig für den Tourismus. Sie ist wichtig für die Fracht und für den Wirtschaftsstandort Schweiz. Davon lässt sich der Bundesrat leiten».
Wir haben die Schulden, die wir in 15 Jahren abgebaut haben, in ein paar Tagen verdoppelt, vielleicht sogar verdreifacht.
Die zig Milliarden Bürgschaftskredite sowie weitere mögliche Kosten, um den Ausstieg aus der Krise zu bewäligen, stimmen den Wirtschaftsminister nachdenklich: «Alles, was wir gespart haben, die Schulden, die wir abgebaut haben in 15 Jahren, haben sich in ein paar Tagen verdoppelt, vielleicht sogar verdreifacht».