SRF News: Wir haben in der Vergangenheit ein steiles Auf und Ab der Bitcoin-Währung gesehen. Ist der Anstieg dieses Mal nachhaltiger?
Lucas Betschart: Wenn der Preis genug steigt, kommt Bitcoin in den Mainstream-Medien, was den Preis noch mehr in die Höhe treibt. Dann kommen neue Investoren, und noch mehr Leute kaufen die Währung. Es ist also eine Art Blase.
Im Vergleich zu früher ist es jetzt relativ langweilig.
Also gehen Sie davon aus, dass sich die wilde Berg-und-Tal-Fahrt noch fortsetzen wird?
Ja, davon gehe ich aus. Aber prozentual gesehen nehmen die Schwankungen von Jahr zu Jahr ab. 2012 oder 2013 ging man noch von tausenden von Prozenten aus innerhalt von Monaten. Im Vergleich zu früher ist es jetzt relativ langweilig. Der Markt ist unreguliert und noch relativ klein. Momentan sind wir bei ungefähr 60 Milliarden. Da bewegt sich natürlich noch relativ viel.
Was ist Ihre Erklärung für den steilen Anstieg?
Es gibt mehrere Theorien, aber ich gehe davon aus, dass ein wichtiger Aspekt der technologische Fortschritt ist.
Was meinen Sie mit «technologischem Fortschritt»?
Dass wir mehr Transaktionen pro Sekunde durchführen können. Das Bitcoin-Netzwerk kann dann statt nur noch drei Transaktionen durchschnittlich sieben Transaktionen pro Sekunden durchführen. Der weiteren Expansion von Bitcoin steht auf der technologischen Seite also nicht mehr viel im Weg. Deshalb auch der grosse Preisanstieg.
Also kann man davon ausgehen, dass Bitcoin viel besser und effektiver gehandelt und damit auch vielfältiger eingesetzt werden kann, wenn die Technologie implementiert ist?
Genau, die Bedienbarkeit wird viel besser. Man kann dann Millionen von Transaktionen innerhalb von Millisekunden zu Null Kosten auf der ganzen Welt durchführen. Das ermöglicht extrem viele zusätzliche Anwendungsfälle, die wir vorher nicht hatten, was die Nützlichkeit und somit den Wert von Bitcoin steigert.
Leute, die ein hohes Risiko eingehen wollen, kaufen Bitcoin.
Wofür wird denn Bitcoin zurzeit vor allem verwendet? Ist es ein Zahlungsmittel, um im Internet Dienstleistungen und Waren zu kaufen, oder ist es auch zu einem grossen Masse ein Anlagevehikel?
In der Schweiz ist Bitcoin vor allem Anlagevehikel. Diesbezüglich sehe ich drei Arten von Investoren: Leute, die ein hohes Risiko eingehen wollen, kaufen Bitcoin. Leute, die sich für die Technologie interessieren, kaufen Bitcoin. Und Leute, die gegenüber dem Staat und den Banken kritisch sind, kaufen Bitcoin.
Und wie sieht es diesbezüglich im Ausland aus?
Eigentlich gilt dasselbe für alle Erstweltländer, in denen fast jeder eine Kreditkarte oder ein Bankkonto hat. Dort sind Bitcoin eher ein Investment und aus technologischer Sicht interessant. In Schwellen- und Drittweltländern hingegen nützt Bitcoin vielen Leuten, weil zwei Milliarden Menschen auf der Welt kein Bankkonto bekommen. Wenn diese ihr Geld mittels digitaler Währung aufbewahren können und nicht alles unter der Matratze horten müssen, dann ist das für sie ein riesiger Fortschritt.
Das Gespräch führte Matthias Heim.