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Steuerreformen Nationalrat will Verrechnungssteuer teilweise abschaffen

  • Das eidgenössische Parlament debattiert derzeit über eine ganze Reihe von Steuerreformen, die den Wirtschaftsstandort Schweiz stärken sollen.
  • Nun hat sich der Nationalrat über die Reform der Verrechnungssteuer gebeugt.
  • Der Bundesrat und die Bürgerlichen wollen einen Teil der Verrechnungssteuer abschaffen. Die Linke lehnt das ab.

Alle, die schon mal eine Steuererklärung ausgefüllt haben in der Schweiz, kennen das Prozedere: Zinsen auf Bankkonten, aber auch Zinserträge auf Obligationen müssen deklariert werden. Und: Fallen auf den Erträgen die geltenden 35 Prozent Verrechnungssteuer an, dann können diese – vorab gezahlten – Steuern mit der Steuererklärung zurückgefordert werden.

Sinn und Zweck der Übung: Ehrlichkeit lohnt sich. Denn wer gewisse Zinserträge nicht angibt, muss auch auf die Rückerstattung verzichten. Ein klarer Anreiz, keine Zinseinnahmen am Fiskus vorbeizuschleusen.

Das Resultat kann als Einladung zur Steuerhinterziehung verstanden werden. Oder, um es mit James Bond zu sagen: ‹A Licence to Cheat›.
Autor: Franziska Ryser Nationalrätin (Grüne/SG)

Nun sind zwar gewöhnliche Bankkonten nicht betroffen von der Reform. Aber bei den Obligationen handle es sich eindeutig um eine Steuerabbau-Vorlage, kritisierte im Nationalrat Franziska Ryser von den Grünen: «Statt Steuerschlupflöcher zu stopfen, werden neue geschaffen. Das Resultat kann als Einladung zur Steuerhinterziehung verstanden werden. Oder, um es mit James Bond zu sagen: ‹A Licence to Cheat›».

Wirtschaft plädiert für Reform

Ganz anders sehen das der Bundesrat und die Bürgerlichen. Sie wollen primär den bürokratischen Aufwand für alle Beteiligten reduzieren. Das soll den Standort Schweiz stärken. Die weitgehende Abschaffung der Verrechnungssteuer helfe der Wirtschaft, sagte Nationalrat Thomas Matter von der SVP: «Gerade nach der schwierigen Zeit der Covidkrise gilt es, alles zu beseitigen, was die Entwicklung unserer Volkswirtschaft hemmt. Davon profitiert nicht nur der Finanzplatz, sondern der Schweizer Werkplatz allgemein.»

Tatsächlich plädieren die Interessenvertreter der Wirtschaft seit Jahren für die Reform. Ihr Kernargument: Wegen der Steuer meiden es viele Firmen, überhaupt erst Obligationen auszugeben auf dem hiesigen Kapitalmarkt. Stattdessen weichen sie ins Ausland aus, wenn sie sich Geld beschaffen wollen. Denn dort sind solche Obligationengeschäfte einfacher.

Das ist eine Vorlage, die den Wirtschafts- und Finanzierungsstandort Schweiz stärkt.
Autor: Ueli Maurer Finanzminister

Das Ziel sei es nun, sagt Finanzminister Ueli Maurer, die Geschäfte zurück in die Schweiz zu holen. Zwar werde es vorübergehend Mindereinnahmen geben für den Fiskus. «Aber schon nach fünf Jahren gehen wir davon aus, dass durch das Rückholen in die Schweiz der positive Effekt grösser ist: Es gibt mehr Arbeit und es gibt mehr Einkommen im Land. Das ist eine Vorlage, die den Wirtschafts- und Finanzierungsstandort Schweiz stärkt.»

Ratslinke sieht «Rampe für Steuerhinterziehung»

Nichts anfangen mit der Reform konnte die Ratslinke. SP-Nationalrätin Jacqueline Badran (ZH) kritisierte, dass so die Leute keinen Anreiz mehr hätten, ihre inländischen Obligationen zu deklarieren. Da werde eine Rampe gebaut für die Steuerhinterziehung: «Steuerehrliche haben nichts von dieser Vorlage. Steuerhinterzieher schon.»

Die SP und die Grünen standen mit ihrer Ablehnung aber auf verlorenem Posten. Ihre Rückweisungs- und Änderungsanträge scheiterten. In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat die Vorlage mit 122 zu 68 Stimmen an. Als nächstes beschäftigt sich der Ständerat mit der Reform.

Rendez-vous, 28.09.2021, 12.30 Uhr

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