Aller Anfang ist schwer. Besonders, wenn man die Allererste oder der Allererste ist. Diese sieben Pioniere und Pionierinnen waren ihrer Zeit voraus und haben sich aufs Glatteis gewagt.
Der erste Tätowierer – «Wir waren keine harten Kerle»
«Das Stigma des tätowierten Halbstarken haftete an uns», erinnert sich Dietmar «Dischy» Gehrer. «Wir durften nicht mal ins Schwimmbad. Sie hatten Angst, wir würden abfärben.» Mit 12 Jahren stach er sein erstes Tattoo – an sich selbst. Als 19-Jähriger eröffnet er 1974 das erste Tattoostudio der Schweiz in Rheineck SG. Trotz und Rebellion waren die Hauptgründe für Tattoos. Zur Kunst wurden sie erst später. «Früher konnten die meisten Tätowierer überhaupt nicht zeichnen und betrieben eher Malen nach Zahlen.»
Die erste Programmiererin – «Frauen können nicht logisch denken»
Diesen Satz hört Marianne Artho als sie sich 1963 bei IBM als Programmiererin bewirbt. Nach einem Intelligenztest tönt es plötzlich anders. «Wann können sie anfangen?» Marianne wird die erste Programmiererin der Schweiz. Sie macht sich einen Namen als unentbehrliche Expertin der ersten Computer und verdient doppelt so viel wie ein Bankdirektor damals.
Die erste Bundesrichterin – «Überlass doch diese Arbeit einem Mann»
Das sagt Margrith Bigler-Eggenbergers Vater, als sie sich 1974 als Bundesrichterin bewirbt. Trotz Sabotage und verfälschten Bewerbungsunterlagen gewinnt sie die Wahl. Immer wieder kämpft sie mit starkem Gegenwind. «Eine Mörderin ins Bundesgericht» heisst die Schlagzeile beim CVP-Parteiblatt Ostschweiz, nachdem sie sich für den straffreien Schwangerschaftsabbruch eingesetzt hatte. Davon lässt sie sich nicht entmutigen und kämpft ihr Leben lang für mehr Gleichberechtigung.
Die erste Erotik-Influencerin – «Ich denke, ich hab's leichter gehabt»
Beate Uhse eröffnet 1962 den ersten Sexshop der Welt. Als verheiratete Frau und Mutter von vier Kindern wurde ihr nie vorgeworfen, ein «dreckiges Schwein» zu sein. Als «Tante Sex» wird sie gefeiert und verteufelt. Doch sie ist vor allem eins: Eine gewiefte Unternehmerin. Die Verkaufszahlen ihres Geschäfts für «Artikel für Ehehygiene» explodieren, doch trudeln auch zig Anklagen bei ihr ein. Uhse bleibt bis heute eine umstrittene Ikone.
Der erste Ski-Abfahrer – «Ovomaltine statt Alkohol»
Das ist das Credo des ersten akademischen Skiclubs. Gegründet wird dieser 1924 von Walter Amstutz. Er tüftelt mit Arnold Lunn an den ersten alpinen Ski-Disziplinen. Mit neuen Bindungen und Streckenführungen wird die Abfahrt und der Slalom geboren. Die erste Skiweltmeisterschaft 1931 ist für Amstutz die Krönung seines Lebenswerks. Heute kennt kaum einer mehr den stillen Pionier des Skisports.
Die Bio-Pionierin – «Das habe ich doch schon damals gesagt»
Mina Hofstetter ekelt sich ihr Leben lang vor Fleisch. Der Grund: Als Kind wird sie zum Fleischessen gezwungen. Ständig ist sie krank – erst die vegane Ernährung heilt sie. In den 1920er Jahren führt sie einen der ersten viehlosen Bauernhöfe der Schweiz. Die siebenfache Mutter will zurück zur Natur, experimentiert viel und prägt die Biolandwirtschaft. Doch später sind es andere, die die Lorbeeren für ihre Ideen ernten.
Der erste Schwarze Spitzen-Schwinger
Sinisha Lüscher ist Schwinger und Schwarz. Rassismus begegnet er in- und ausserhalb des Sägemehls: «Wenn jemand etwas gegen mich hat, dann werde ich nicht mehr wütend. Das pusht mich jetzt!» Ehrgeiz zeichnet ihn aus. «Der zweite Rang ist der erste Verlierer». Sein grosser Traum: Der Muni! Die Chancen auf ein Triumph am Eidgenössischen sind intakt.