Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD will in weltweit 138 Ländern durchsetzen, dass Grosskonzerne mit mindestens 15 Prozent besteuert werden. Ziel ist eine weltweite Steuergerechtigkeit. Betroffen sind Konzerne mit einem Jahresumsatz von über 750 Millionen Euro. Laut dem Bundesrat tangiert das in der Schweiz rund 2000 Unternehmen. Nicht unter die neue Regelung fallen 600'000 rein national tätige KMU.
In der Politik ist man sich grundsätzlich einig: Die Schweiz setzt die OECD-Mindeststeuer im eigenen Interesse um. Sollte die Schweiz diesen Mindestsatz nicht durchsetzen, dürfen die anderen Länder die Differenz als Steuer abschöpfen. Die Schweiz würde also Steuereinnahmen verlieren.
Dreiviertel an die Kantone, ein Viertel an den Bund
Politisch umstritten ist jedoch, wohin die zusätzlichen Steuer-Milliarden fliessen sollen. Die Vorlage, die am 18. Juni zur Abstimmung kommt, überlässt den Kantonen 75 Prozent der zusätzlichen Steuereinnahmen. Die restlichen 25 Prozent gehen an den Bund. Damit ist vor allem die SP nicht einverstanden.
Die Linke argumentiert, so würden nur Kantone wie Basel-Stadt, Zug, Genf und Waadt profitieren, wo besonders viele Grosskonzerne sind. Kleinere, ärmere Kantone würden quasi leer ausgehen. Mindestens die Hälfte der Zusatzeinnahmen sollten deshalb zum Bund fliessen und in Infrastruktur investiert werden, zum Beispiel in Hochschulförderung oder bessere Kinderbetreuung, so die Forderung der SP.
Nein-Lager: «Bürgerliche Schlaumeierei»
Die Angst der Gegner ist ebenfalls, dass die betroffenen Tiefsteuerkantone wie Zug oder Basel-Stadt das Geld indirekt wieder den Grosskonzernen zukommen lassen. Sie könnten versuchen, neue Steuersenkungen für Unternehmen und Aktionäre durchzusetzen sowie Dienstleistungs- und Infrastrukturkosten für die Konzerne zu übernehmen. «Was mit der neuen OECD-Mindeststeuer einkassiert würde, ginge über Umwege gleich wieder zurück an die Multis», sagt die SP. Und das sei ja nicht das Ziel.
Ja-Lager: Durch Finanzausgleich profitieren alle
Bundesrat, Parlament und die Kantone machen sich für ein Ja stark. Sie finden es fair, möglichst viel Geld bei den Kantonen zu belassen. Denn diese hätten auch den grössten Aufwand, um die Firmen bei sich zu behalten. Von den Mehreinnahmen profitierten alle Kantone, und zwar wegen des Finanzausgleichs, sagen die Befürworter. Zudem sei es möglich, den Verteilschlüssel 75/25 künftig auf dem normalen Gesetzesweg noch anzupassen, sollte er sich als ungerecht erweisen.
Diskutieren Sie mit
Ist Steuerwettbewerb sinnvoll oder nicht? Und: Wer soll die zusätzlichen Steuer-Milliarden aus der OECD-Mindeststeuer hauptsächlich erhalten – Kantone oder Bund? Darüber diskutieren wir in der Sendung «Forum» am Donnerstag von 10:00 - 11.00 Uhr auf Radio SRF 1. Auch Ihre Meinung ist gefragt. Diskutieren Sie mit in den Kommentaren.