Kein teures Benzin, keine Schadstoffe, dazu noch gratis Fitness – das Velo scheint mit Blick auf die Klimakrise und den Krieg in der Ukraine das Fortbewegungsmittel der Stunde. Bis jetzt ist Radeln gratis, anders als Autofahren oder Reisen im Zug. Das soll sich nach Ansicht von 46 bürgerlichen Politikerinnen und Politikern nun aber ändern.
Wenn Velofahrer mit dem neuen Veloweggesetz mehr Rechte bekommen, müssen sie auch mehr Pflichten auf sich nehmen, auch finanzielle.
Wer Velo fährt, soll einen Beitrag an die Verkehrskosten zahlen, forderte kürzlich eine Allianz von bürgerlichen Politikerinnen und Politikern. In einer Motion verlangen sie, dass Velofahrende «die Infrastrukturkosten für den Veloverkehr» künftig möglichst selber tragen. Sie fordern eine neuartige Abgabe oder «Vignette» zwischen 20 und 40 Franken pro Velo und Jahr.
Zwei Milliarden Franken für neue Velowege – wer bezahlt?
Hintergrund dieser Idee ist die Diskussion um die Finanzierung neuer Velowege. Im 2018 nahm die Schweizer Bevölkerung den «Bundesbeschluss über die Velowege» mit 74 Prozent Ja-Stimmen an.
Ende März 2022 verabschiedete das Parlament das neue Veloweggesetz und verpflichtet die Kantone nun dazu, innert fünf Jahren durchgängige Velowegnetze zu planen und bis in weiteren 15 Jahren auch zu realisieren. Zudem müssen Velowege neu ersetzt werden, wenn sie zu wenig sicher oder nicht attraktiv sind. Die Frage ist – wer bezahlt?
SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner schätzt die Kosten für die neuen Velowege auf rund zwei Milliarden Franken. Er und weitere bürgerliche Parlamentarier fordern deshalb, dass sich Velofahrer mit einer neuartigen «Vignette» an diesen Kosten beteiligen. Insgesamt würden Velofahrerinnen und Velofahrer jährlich schätzungsweise zwischen 80 und 160 Millionen Franken an den Staat abgeben.
Es fehlen Velowege für den Alltag
Pro Velo Zürich findet das «eine Frechheit». Auch beim Verkehrsclub der Schweiz (VCS) stösst die Idee auf Unverständnis. Es gehe bei den neuen Radwegen nicht um Freizeitrouten, sondern um den wichtigen Alltagsverkehr: zum Einkaufen oder ins Büro fahren.
Es macht keinen Sinn, dass man das Velofahren fördern will, dann aber eine Abgabe verlangt. So ist die Hürde noch grösser, auf das Velo umzusteigen.
Gerade auf dem Land seien sichere Radrouten für den Alltag noch wenig verbreitet. Mit Blick auf das teure Benzin, das Klima und den positiven Gesundheitseffekt solle man Velofahrende nicht noch bestrafen, sagt Stéphanie Penher vom VCS.
Der Bund soll mehr bezahlen
Man müsse – im Gegenteil – mehr machen, um die Attraktivität des Velofahrens zu steigern. Pro Velo Schweiz fordert befristet höhere Bundesbeiträge, um den grossen Nachholbedarf bei den Velowegen zu decken.