«Dort Dort» von Tommy Orange
Was bedeutet «Native» sein? Tommy Orange ist Cheyenne. In seinem Roman «Dort Dort» spürt er seinen Wurzeln nach. Schildert das Leben von urbanen Native Americans. Ein vielstimmiges Buch über Identität, Zugehörigkeit und Familienbande. Kraftvoll, soundstark und modern wie eine elektrische Powwow-Trommel. Im schnellen Rhythmus der Drumbeats tanze, singe und vergesse ich mich.
«Butcher's Crossing» von John Williams
Ein naturgewaltiger Western. Er relativiert vieles und führt mir die eigene Bedeutungslosigkeit vor Augen. Die Eckpfeiler der Geschichte sind rasch erzählt: Butcher's Crossing, 1870. William Andrews, 20, will in der Wildheit von Kansas zu sich selbst finden. Zusammen mit einem Büffeljäger, einem Häuter und einem Mann fürs Lager macht sich William Andrews auf in die Berge. In den Rocky Mountains stösst die Truppe auf eine riesige Herde. Doch überraschend früh bricht der Winter mit aller Härte ein. Herb, tragisch, schön.
«Meine geniale Freundin» von Elena Ferrante
Für Sagas hab ich nicht viel übrig. Da fehlt mir oft der lange Atem und das nötige Sitzleder. Doch Ausnahmen gibt’s. Und eine davon ist die Neapel-Saga von Elena Ferrante. Alle vier Bände habe ich verschlungen. Am abenteuerlichsten war mir «Meine geniale Freundin». Da ist alles drin, was eine Coming-of-Age-Geschichte fesselnd macht. Freundschaft, erste Liebe, Verrat. Aber auch Band 4 hat es in sich. Er übertrifft an Intensität und Tragik alle drei vorangegangenen Bände. Die Geschichte von Lila und Lenù endet da, aber in meinem Herzen leben die beiden Protagonistinnen weiter.
«Milchmann» von Anna Burns
Anna Burns' «Milchmann» versetzt mich in Aufruhr. Er verfolgt mich. Wie eine Liebe, die man nicht will und von der man gleichwohl weiche Knie kriegt. Ein faszinierend widersprüchlicher Roman: anziehend, abstossend, lähmend, berauschend, rau, zärtlich, traurig, tröstend, hässlich, leuchtend, schön. «Milchmann» ist die universelle Geschichte einer jungen Frau, die ihren eigenen Weg gehen will. Und das inmitten des Nordirland-Konflikts.
«Die militante Madonna» von Irene Dische
Eine Mantel-Degen-Geschichte voller Anmut und Leidenschaft: Irene Dische erzählt in ihrem Roman «Die militante Madonna» die umwerfende Geschichte von Charles d'Éon de Beaumont. Ein VIP aus dem 18. Jahrhundert. Er war Chevalier, Degenfechter, Soldat, Spion, Botschafter, Schriftsteller, mal Mann, mal Frau – wie es ihm gefiel oder die Lebensumstände es von ihm verlangten.
Welches sind eure Lieblingsbücher aus den letzten fünf Jahren? Diskutiert mit auf Instagram oder Facebook.
Die Bücherliste
- Irene Dische: «Die militante Madonna» (Hoffmann und Campe, 2021)
- Tommy Orange: «Dort Dort» (Hanser Berlin, 2019)
- Anna Burns: «Milchmann» (Tropen, 2018)
- John Williams: «Butcher's Crossing (dtv, 2017)
- Elena Ferrante: «Meine geniale Freundin» (Suhrkamp, 2016)