Hamburg. Chastity Riley, 48, ist seit sechs Monaten freigestellt. Seit der tödlichen Geiselnahme und dem Tod von Faller liegt sie nur noch gedankenlos unter dem Rhododendron. Sie hält einen Brief in der Hand mit dem Absender Alistair McBurney, 338 Dumbarton Road, Glasgow. Interessant. Offenbar geht es um eine Erbschaft in Schottland. Und die hat etwas mit Rileys Ururgrossvater zu tun. Dieser hat am Ende des vorletzten Jahrhunderts ein Schiff bestiegen, um sein Glück in den Vereinigten Staaten zu suchen. Das Schreiben lässt Riley keine Ruhe. Sie geht nach Schottland, um das Familiengeheimnis zu lüften.
Daumen rauf
- Leichtfüssig. Diesen Krimi lesen heisst, das Alter abstreifen und sich wieder wie ein Mädchen fühlen. Und zwar ein Mädchen von 47 Jahren mit einer erfahrungsvollen Seele, so wie ich.
- Geheimnisvoll. Riley erbt ein Geisterhaus und begegnet ihrer toten Tante. KREISCH: «Und dann macht sie es nochmal. Streckt ihre Hand aus, legt sie mir erst aufs Herz und dann ins Herz und fängt tatsächlich an zu wühlen. (…) Ihre Stimme kommt jetzt von überall her, vom Ufer, vom Himmel, vom Grund des Lochs, aus meinem Kopf. ‹Atmen Chastity. Hier kommt deine Familie.›»
- Empfindsam. Riley muss sich in anstrengenden Liebesdingen entscheiden: «Du kannst auch mit einem zerlöcherten Herz durch die Welt gehen. Es kommt nur eine andere Art von Liebe dabei heraus.»
- Eigen. Riley gerät völlig überraschend in den Bann eines Flusses namens River Clyde, der ein rätselhaftes Eigenleben führt: «Er fliesst behutsam hinter ihr her, begleitet sie durch die Stadt, durch die Strassen ihrer Vorfahren. Ist ganz zufrieden. Ist ganz zufrieden mit dem Zeitsprung. Gute Aktion, denkt er.»
- Literarisch. Simone Buchholz schreibt in einem poetischen Kunstslang, der mein Herz zum Jubeln bringt. Ich fühle mich in jedem Satz zu Hause. Buchholzs Sprache ist glasklar. Ihre Sprachbilder rühren an. Ihre Dialoge - fast schon Psychogramme - sind messerscharf. Nicht die Tat und deren Aufklärung stehen im Vordergrund, sondern die Menschen, die davon betroffen sind. Ihre Gefühle, Empfindungen und Beziehungen.
Daumen runter
- No go. «River Clyde» ist der elfte und letzte Band der Riley-Reihe! Aber nicht verzagen: die Serie lässt sich auch von hinten aufrollen. Ist zwar etwas ungewöhnlich, aber bei mir hat das sehr gut funktioniert.
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Die Autorin
Simone Buchholz ist 1972 in Hanau geboren. Sie zog 1996 nach St. Pauli, wegen des Wetters. Seit 2008 schreibt sie Kriminalromane. Für ihre Chastity-Riley-Reihe wurde sie mit dem Radio-Bremen-Krimipreis, dem Crime Cologne Award, dem Deutschen Krimipreis und dem Stuttgarter Krimipreis ausgezeichnet.
Das Buch: Simone Buchholz: «River Clyde» (Suhrkamp, 2021)
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