«Jetzt haben Sie ihr Leben zurück.» «Welches Leben?» Ich schaute auf den Park hinunter, es war Sommer, die Menschen trugen bunte T-Shirts und dunkle Sonnenbrillen, einige waren zu zweit, andere hatten nur ein Handy, sie kamen und gingen, sie hatten alle einen Plan, ich hatte keinen.
Lukas Rossberg alias Lucky hat keinen Plan. Er ist um die 50 und Schädel-Trauma-Patient. Endlich darf er die Reha-Klinik verlassen. Nach sieben Jahren, in denen er zwar im Koma lag, aber alles gehört, alles verstanden hat. In denen ihn seine Freunde aufgegeben und seine Freundin sich einen anderen geschnappt hat. Das erinnert mich stark an einen Song von Jan Delay feat. Udo Lindenberg: «Alles ist im Arsch und alles ist am Ende, und alles was du noch sagst ist, hätte, würde, könnte». Ein Depro-Song, der mit einer solchen Wucht daherkommt, dass er einen gleich wieder aufstellt. Und einen solchen Song hätte Lucky bitter nötig. Die Ärzte geben ihm nur noch wenig Zeit.
Lucky ist desillusioniert. Ein Leben auf Verlängerung, damit hat er nicht gerechnet. Gleichwohl gibt er nicht auf. Er will seinen Seelenfrieden finden. Und dafür muss er zwei Dinge wissen: Wer hat seine Freundin flachgelegt? Und was ist damals vor sieben Jahren tatsächlich passiert, als er von zwei Gangstern angeschossen wurde? Lucky ahnt einen Verrat und beginnt zu ermitteln.
Daumen rauf
- Unterhaltsame Ermittlungsgeschichte. Tragik gepaart mit Love und Action. Clever ever, Mr. Cueni!
- Das Schicksal von Lucky fasziniert mich. Dieser todkranke Mann, der nicht aufgibt. Und dann am Ende selbst den Zeitpunkt seines Abgangs bestimmt.
- Ich erfahre wie das ist, in einem Wachkoma zu liegen. Sieben Jahre im selben Raum und alles in Slow Motion zu erleben: «Was tut man in diesem Raum? Man geht verloren. Man starrt auf die Uhr über der Tür, die man öffnen könnte und die doch verschlossen bleibt, man schaut nach einer Weile wieder auf das Ziffernblatt und stellt fest, dass sich der Zeiger nicht bewegt hat.» Horror!
- Claude Cueni ist ein Autor, der selber viel durchlebt und durchlitten hat. Was ich als Kernbotschaft aus dem Buch mitnehme: Sterbende brauchen mutige Begleiter. «Caroline hatte mir zwei Tartes aux abricots mitgebracht. Wir tauschten Banalitäten aus, um nicht das Wesentliche bereden zu müssen. Aber in einer solchen Situation braucht man weder Kalendersprüche noch philosophische Lebensbetrachtungen, man braucht Menschen, die einfach da sind, die den Mut haben, da zu sein.»
Daumen runter
- Ich mag Bücher, die bei der Lektüre zu einem Raum werden, den man mit eigenem Denken füllt. Das passiert mir bei «Der Mann, der Glück brachte» nicht. Schade!
- Cuenis Sprache ist platt. Kein einziger Satz im ganzen Buch, der mich einen Glückssprung machen lässt.
- Die Figuren langweilen mich, weil sie mir zu schablonenhaft sind. Da ist diese schöne und holde Kassiererin, die sich ausgerechnet in Lucky verliebt. Dann Lucky. Ein rachsüchtiger Glatzen-Père, käsig weiss, mit aufgedunsenem Gesicht, Atemnot und Übergewicht. Oder dann sein Widersacher. Sein alter Weggefährte, der inzwischen Direktor der Lotteriegesellschaft ist. Aalglatt dieser Schönling ohne Herz, der Frauen flachlegt und Dreck am Stecken hat...
Aber vielleicht könnte ja Regisseur Rolf Lyssy etwas aus diesem Plot machen. So was wie «Die letzte Pointe 2».
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Der Autor
Claude Cueni, geboren 1956 in Basel, schrieb Romane, Psychothriller, Theaterstücke, Hörspiele und über fünfzig Drehbücher für Film und Fernsehen. Für seinen autobiographischen Bestseller «Skript Avenue» wurde er 2014 von den Zuschauern des Schweizer Fernsehens mit dem Goldenen Glory für die emotionalste Geschichte des Jahres ausgezeichnet.
Das Buch: Claude Cueni: «Der Mann, der das Glück brachte» (2018, Lenos)
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