Zentralchina im 13. Jahrhundert. Guo Jing, lieb, kräftig, einfältig, ist der Sohn eines Kriegshelden. Sein Vater wird von feindlichen Truppen ermordet. Seine Mutter flieht mit ihm, noch ungeboren, in den Norden. In der Mongolei, unter der Obhut von Dschingis Khan, wächst Guo Jing auf.
Guo Jing wird von sieben Kung-Fu-Meistern unterrichtet. Mit 18 Jahren soll er in die Fussstapfen seines Vaters treten und mit seiner erlernten Kampfkunst der bösen Besatzungsmacht, die das Land unterjocht, die Stirn bieten. Doch das ist nicht ganz einfach. Der Kampf zwischen Gut und Böse entbrennt. Um ein geheimnisvolles Handbuch des geheimsten und gewaltigsten Kung-Fu, das unbesiegbar macht.
Daumen rauf
Ästhetisch. «Die Legende der Adlerkrieger» lebt von der Schönheit der Kampfkunst-Szenen. Yongs Helden verfügen über übernatürliche Kräfte und besitzen unglaubliche Kung-Fu-Fähigkeiten. Zum Beispiel können sie einen harmlosen Gegenstand wie Pinsel oder Fächer als tödliche Waffe einsetzen. Oder sie berühren Nervenpunkte, um den Gegner zu lähmen oder gar zu töten. Grossartig auch Guo Jings inneres Kung-Fu, auch «Neigong» genannt. Ich lerne von ihm wie ich meine Lebensenergie Qi zentrieren und stärken kann. Das ist ganz leicht: sich seitlich ausgestreckt hinlegen. Gedanken leeren, Gefühle vergessen, den Körper entspannen und tief und ruhig atmen.
Humorvoll. Guo Jing hat die Fähigkeit in jedes Fettnäpfchen zu treten. Das ist witzig und macht ihn als Figur sympatisch. Aber nicht nur ihn. Selbst die Bösen wachsen einem ans Herz, weil sie sportlich eingestellt sind und ihren Gegnern mit viel Sprachwitz um die Bärtchen streichen.
Traditionsreich. Ich erfahre viel über das mittelalterliche China. Guo Jings Lehrmeister halten die traditionellen Werte der chinesischen Kampfkunst hoch: Güte, Gerechtigkeit, Loyalität, Mut, Aufrichtigkeit, Verachtung weltlicher Besitztümer und der Wunsch nach Ruhm und Ehre. In dieser Welt schulden die Schüler ihren Meistern absolute Treue und Respekt.
Historisch. Yong erklärt mir die Geschichte Chinas im 13. Jahrhundert. Die Jin-Dynastie beherrscht den Norden, die Song-Dynastie den Süden. Doch dann erobern die Jin Zentralchina und fallen immer weiter in den Süden ein, mit Hilfe verbündeter Mongolen-Stämmen. Doch Dschingis Khan durchschaut ihre hegemonialen Absichten und eint die mongolischen Stämme, um erst die Jin, später dann auch die Song zu unterwerfen.
Inspirierend. Yong hat mich mit dem Wǔxiá-Virus infiziert. Wǔ bedeutet Kampfkunst, Xiá Ritter, Abenteurer, Söldner, Held. Der erste Wǔxiá-Roman überhaupt ist «Die drei Reiche» von Guanzhong Luo aus dem 14. Jahrhundert. Ich lese es gerade. Fantastisch!
Ein Werk, das vom Niedergang der Han-Dynastie im alten China erzählt. Voll von Helden, Schlachten, menschlicher Niedertracht, Weisheit und Magie. In einer dialogischen Sprache erzählt, die zeitlos ist. Dieses chinesische Standardwerk gilt als Inspirationsquelle für die Kampfkunst-Literatur, für AutorInnen wie Yong und die Filmwelt des Kung-Fu.
Daumen runter
Doofes Warten. «Die Legende der Adlerkrieger» ist der erste Band von Jin Yongs Epos. Die deutsche Fortsetzung folgt erst im Mai. Quälend, solange darauf warten zu müssen.
Zum Glück habe ich auf Youtube eine Verfilmung des ganzen Epos entdeckt. Ist zwar uf chinesisch mit englischen Untertiteln, dafür weiss ich jetzt, wie Oh und Ha und Haha auf chinesisch klingt.
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Der Autor
Jin Yong, geboren 1924 in Haining, gestorben 2018 in Hongkong, ist einer der populärsten Autoren Chinas. Zwischen 1955 und 1972 schrieb er 14 Romane. «Die Legende der Adlerkrieger» und andere seiner Bücher wurden mehrfach verfilmt. In Peking gibt es zudem ein Jin-Yong-Museum und in Hongkong eine Jin-Yong-Gallery.
Das Buch: Jin Yong: «Die Legende der Adlerkrieger» (Heyne, 2020)
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