«Kim Jiyoung geboren 1982» von Cho Nam-Joo erzählt in berichtartigem Stil und leisen Tönen, die in meinem Kopf immer lauter werden, von Ungleichheit und Frauenfeindlichkeit. In einer Gesellschaft, in der auf dem Papier die Geschlechter gleichgestellt sind, aber eben nur auf dem Papier…
Kim wächst in «gewöhnlichen» Verhältnissen auf. Ihr jüngerer Bruder wird bevorzugt. Sie wird gemassregelt, wenn sie im Bus begrapscht wird. Ansonsten ereignet sich nicht viel in der Teenagerzeit. Kim schafft das Gymi, studiert. Nachdem sie «als Frau» endlich mal einen Job ergattern konnte, geht sie darin voll auf. Doch von wegen Beförderungen? Keine Chance. Mit Frauen ist nicht langfristig zu planen, so das Argument.
Kim verliebt sich. Heirat und Kinderwunsch stehen an. Das macht Kim Sorgen. Wie die Kinderbetreuung organisieren? Wie genüg Zeit für den Nachwuchs aufbringen? Wie finanziell überhaupt erst über die Runden kommen? Dämmert euch da was?
Für Kims Mann scheint die Lösung auf der Hand. Sie soll ihren Job aufgeben und daran denken, was sie dadurch gewinnen kann.
Kim reagiert heftig: «Du meinst, ich solle nicht nur an das denken, was ich verlieren würde. Ich werde vielleicht alles verlieren, meine Jugend, meine Gesundheit, mein soziales Umfeld genauso wie meine Arbeitsstelle, meine Kollegen, meine Freunde und meine Zukunft, ja alles. Aber was verlierst du?»
Die Antwort, liebe Frauen und Männer, die liegt in euren Köpfen. Ihr habt es in der Hand, ein Buch zu lesen, das die Welt verändern kann. Und auch wenn bei diesem Buch nicht literarische Ästhetik im Vordergrund steht, sondern das Sympthomatische, das Emotive, tut das kein Abbruch. Im Gegenteil.
Stundenlang habe ich mit meinem Mann über «Kim Jiyoung geboren 1982» diskutiert. Warum mache ich mir immer einen so grossen Kopf, Job, Kinder, Haushalt, Beziehung unter einen Hut zubringen ? Woher nimmt sich Kims Mann das Recht von Unterstützung zu sprechen, als wäre es eine Gunst, dass er seiner Frau hilft? Ist Unterstützung im Haushalt, bei der Kindererziehung, Karriere etc. nicht selbstverständlich? Ist man nicht ein Team? Kim und ich fragen uns: wann ist die Gesellschaft reif dafür?
Hat euch «Kim Jiyoung geboren 1982» auch schmerzhaft aufgerüttelt? Diskutiert mit auf Facebook Die BuchKönig bloggt.
Die Autorin
Cho Nam-Joo war neun Jahre lang als Drehbuchautorin fürs Fernsehen tätig. Ihr Roman «Kim Jiyoung geboren 1982» hat sich weltweit über zwei Millionen Mal verkauft und wurde bereits erfolgreich verfilmt. Sie lebt in Korea.
Das Buch: Cho Nam-Joo: «Kim Jiyoung geboren 1982» (Kiepenheuer & Witsch, 2021)
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