Valentine, 15, lebt in Paris. Sie ist zierlich und trägt ihr schwarzes Haar zu einem Zopf geflochten, der ihr bis zum Hintern reicht. In ihrer Freizeit flaniert sie durch die Stadt, schlendert über die vielen Brücken, die über die Seine führen. Am meisten liebt sie den Pont des Arts. Dort kriegt sie eine Ahnung davon, dass es auch «die Möglichkeit eines Anderswo» als Schauspielerin gibt. Träumt sich frei und begegnet zum ersten Mal ihrer grossen Liebe: einem Punkrock-Sänger aus Philadelphia.
Dieser allerdings hat andere Ambitionen als nur zu singen und auf der Gitarre zu schrammen. Er will in Paris seinen ersten Roman fertig schreiben. Doch Selbstzweifel und Erfolgsdruck setzen ihm zu. Und am Ende zerbricht daran auch die Liebe. Merde alors!
Daumen rauf
- Virtuos. Marie Modiano verwebt Erinnerung, Traum und Wirklichkeit virtuos ineinander. Sie wechselt zwischen Ich- und personaler Erzählperspektive hin und her. Verwischt dazu die Zeitebenen. Mal ist die Protagonistin Valentine 15 und frisch verliebt. Mal ist sie 20 und tourt mit ihrer Theatergruppe durch Europa. Als der Wasserkocher pfeift und ihre Welt zusammenstürzt, ist sie 27.
- Ungeschminkt. «Ende der Spielzeit» erzählt unverstellt von den Schwierigkeiten des Künstlerdaseins. Von den Selbstzweifeln, den Existenzängsten, der Verlorenheit an immer wieder neuen Orten: «Wenn ich mich nach der Vorstellung abschminke, überfällt mich meist ein heftiges Gefühl der Einsamkeit. Ich bin erst neunzehn und habe doch das seltsame Gefühl, alles liege schon hinter mir. Wie bin ich nur in diesen langen, dunklen Tunnel aus Kulissen, Szenen und Echos von Applaus geraten?»
- Psychologisch interessant. Marie Modiano schreibt über ein Liebestrauma, dem ihre Protagonistin nicht entrinnen kann : «Wäre nicht alles leichter gewesen, wenn sie einfach neue Erinnerungen hätte erschaffen können, ohne unablässig immer wieder die alten auszugraben?» Glücklich ist also, wer vergisst, was war und nicht mehr zu ändern ist…
- Faszinierend. Vieles in diesem Roman entspricht wahren Begebenheiten. Marie Modiano war mit einem Punkmusiker und Schriftsteller aus Philadelphia liiert. Sein Name: Tristan Egolf. Sein Debütroman: «Monument für John Kaltenbrunner». Das Buch wurde dank der Hilfe und Verlagsvermittlung von Patrick Modiano ein grosser Erfolg. Leider hat sich Egolf 2005 erschossen. Das tragische Ende einer tiefen Beziehung, die offenbar Marie Modianos Leben bis heute stark prägt.
Daumen runter
- Sehr melancholisch. Nach dieser Lektüre habe ich den November-Blues und brauche viel viel Sonnenlicht, um wieder aufzutanken.
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Die Autorin
Marie Modiano ist Musikerin, Schriftstellerin, Schauspielerin. Sie ist 1978 in Paris geboren. Nebst mehreren Büchern und CDs mit Chansons ist «Ende der Spielzeit» ihr zweiter Roman und die erste Buchveröffentlichung auf Deutsch.
Das Buch: Marie Modiano: «Ende der Spielzeit». Aus dem Französischen von Gabriela Zehnder (2018, Edition Blau)
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