Aimée studiert Frühpädagogik. Sie will Lehrerin werden. Eigentlich müsste sie büffeln. Doch zuerst zappt sie noch kurz durchs TV-Programm. Sie bleibt bei einer Rateshow hängen. Einer der Kandidaten ist Professor Guy Schermerhorn. Er unterrichtet an ihrer Uni. Sein Forschungsgebiet ist der mögliche Spracherwerb von Primaten. Plötzlich teilt sich der Vorhang hinter der Bühne und sein Forschungsgegenstand stürmt herein. Ein Schimpanse in Windeln und Polohemd. Aimée ist hin und weg. Dieses kleine Kerlchen namens Sam erobert ihr Herz im Sturm. «Mit seinen grossen Ohren, dem Clowngang und den Augen, die sagten: Hier bin ich – komm und hol mich.»
Am nächsten Tag an der Uni kommt das eine zum andern. Aimée sieht am Aushängebrett den Zettel «Studentische Hilfskraft für die Pflege von Schimpanse Sam gesucht. 10-20+ Wochenstunden». Für die junge, schüchterne Frau beginnt das grösste Abenteuer ihres Lebens.
Daumen rauf
Intelligent. T.C. Boyle wählt mit Vorliebe umstrittene Themen, die den Hintergrund seiner Romane bilden. In «Sprich mit mir» widmet er sich der Spracherwerbsforschung mit Primaten. Sie erlebte in den 1970er Jahren ihre Goldene Ära. Doch dann kam die Kehrtwende mit dem Dogma von Noam Chomsky. Der Linguist postulierte, dass nur Menschen nach verankerten Regeln im Gehirn sinnvolle Wortfolgen bilden und damit kommunizieren können. Infolge wurde die Sprachfähigkeit von Primaten als Dressur abgetan. Mit verheerenden Folgen für Sam, Aimée und Professor Guy Schermerhorn!
Einzigartig. T.C. Boyle erzählt seine Story u.a. aus der Perspektive von Sam. Er lässt ihn in Gebärdensprache sprechen, denken und empfinden. Sams Blick auf die Welt schockiert und wirft ethische Fragen auf. Was für Barbaren sind wir Menschen, wenn wir einen Affen erst wie ein Kind aufziehen, um ihn dann, nach Jahren, in einen Käfig zu sperren und ihn für pharmazeutische Forschung zu verwenden?
Selbstlos. T.C. Boyles Heldin Aimée wächst im Verlauf der Geschichte über sich hinaus. Sie liebt Sam wie ein eigenes Kind. Riskiert alles für ihn und trägt am Ende die Konsequenzen ihres Tuns, auch wenn sie bitter sind.
Daumen runter
Nachgeäfft. Das Grundschema von T.C. Boyles Story ist schwarzweiss und bietet keine Überraschung. Es gibt eine schüchterne Heldin und es gibt einen grobschnodrigen Bösewicht mit Augenklappe, der es auf Sam abgesehen hat.
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Der Autor
T. Coraghessan Boyle wurde 1948 in Peekskill, N.Y. geboren. Bei Hanser erschienen von ihm u.a. «Hart auf hart» (Roman, 2015), «Die Terranauten» (Roman, 2017), «Good Home» (Erzählungen, 2018), «Das Licht» (Roman, 2019) und «Sind wir nicht Menschen» (Stories, 2020). Dirk van Gunsteren hat den vorliegenden Roman von T.C. Boyle aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt.
Das Buch: T.C. Boyle: «Sprich mit mir» (Hanser, 2021)
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