Beth Harmon ist acht Jahre alt als sie ins Waisenhaus kommt. Sie ist im Schach ein Ausnahmetalent. Turnier um Turnier spielt sie sich gegen erwachsene Männer hoch in die oberste Liga. Doch mit sechzehn scheint es mit ihrer Karriere nicht mehr weiterzugehen. Und auch ihre Pillensucht macht ihr zu schaffen. Diese kleinen grünen Dinger, die sie im Heim zur Beruhigung erhalten hat und seit dann in rohen Mengen runterschluckt. Wird es Beth schaffen ihr Leben wieder in den Griff zu kriegen? Noch gibt ihr das Schachspiel Orientierung und Halt. Doch was, wenn sie ihre erste grosse Niederlage einfährt?
Daumen rauf
- Verbürgt. Kürzlich war bei mir das TV zu Hause. Und zwar Nico Georgiadis von der Sendung «Gesichter und Geschichten». Er hat ein Portrait von mir gemacht (unten nachzuschauen), mich mit Fragen gelöchert und dazu gefilmt. Ich habe ihn mit Fragen zurückgelöchert und dazu fotografiert. Denn Nico Georgiadis ist Schachgrossmeister. Er muss wissen, ob Walter Tevis glaubwürdig schreibt. Und Buch wie Film haben ihn überzeugt!
- Vergnüglich. Versucht mal, ein normales, langsames Schachspiel fesselnd vom ersten bis zum letzten Zug zu beschreiben. Normalsterbliche können das nicht, aber Walter Tevis kann. Seinen Roman zu lesen, heisst die Welt auf ein Schachbrett zu verdichten, König oder Dame zu werden und seine Bauern, Läufer, Springer und Türme auf dem Schlachtfeld siegesgewiss einzusetzen.
- Verführerisch. Walter Tevis' Roman will man nicht mehr aus der Hand legen. Seine Heldin entwickelt sich zu einer selbstbewussten Frau, die ihren Weg geht, ihre Liebe lebt und ihren grosszügigen Lebensstil, der ihr die Turnierpreise ermöglichen, geniesst. Das wird kontrastiert mit ihrer tragischen Kindheit, mit ihrem Kampf gegen Drogen und Alkohol, mit ihrer Suche nach Anerkennung und Geborgenheit.
- Verfilmt. Walter Tevis hat ein Händchen für bemerkenswerte Stoffe und eine Begabung für szenisches Schreiben. «Das Damengambit» ist einer unter vielen Romanen von ihm, die verfilmt wurden. Im Film kommt «Das Damengambit» jedoch dunkler, düster daher. Das Buch ist heller, humorvoller, glamouröser, lässt mehr Raum für Fantasie und bietet mehr Erklärungen, warum Beth so distanziert und selbstzerstörerisch ist. Sie hat ein Trauma erlitten, das sie ein Leben lang begleiten wird. Erinnert mich stark an den Roman «Indian Horse» von Richard Wagamese. Auch da verliert ein Kind alles und kämpft ums Überleben.
Daumen runter
- Schachmatt. Gute Literatur-Verfilmungen bewundere ich. Doch was, wenn der Film das Buch aussticht, weil es das Original eins zu eins wiedergibt? Der Diogenes-Verlag hat versucht dem Gegensteuer zu geben und den Roman aus dem Jahr 1983 neu aufgelegt. Doch ausgerechnet die Protagonistin aus dem Film ziert das Buchcover und besetzt meine Vorstellungskraft mit ihrem Erscheinungsbild.
Also liebe Leute, mein Rat an euch, damit aus Schachmatt doch noch ein Remis wird: Lest erst den Roman und schaut dann den Film. So könnt ihr Schachfachwissen vertiefen und nochmals etwas mehr Zeit mit der fantastischen Beth Harmon verbringen.
Was meint ihr zu Walter Tevis' Schachbuch und lest ihr überhaupt Bücher, die bereits verfilmt wurden? Diskutiert mit auf Facebook und Instagram Die BuchKönig bloggt
Der Autor
Walter Tevis (1928-1984) studierte nach seinem Militärdienst im Zweiten Weltkrieg Literatur an der University of Kentucky und arbeitete lange Jahre als Lehrer und Universitätsdozent, ehe er freier Schriftsteller wurde. Er ist der Autor von sechs Romanen, von denen mehrere hochkarätig verfilmt wurden: «Die Haie der Grosstadt» mit Paul Newman, «Die Farbe des Geldes» mit Tom Cruise, «Der Mann, der vom Himmel» fiel mit David Bowie und jüngst «Das Damengambit» mit Anya Taylor-Joy.
Das Buch: Walter Tevis: «Das Damengambit» (Diogenes, 2021)
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