«Abifeier» ist ein persönlich gefärbter Bericht von Eric Nil über eine schwierige Familienkonstellation. Oha, der Ärmste! Wir kennen das doch alle. Widerwillig schleppt man sich ans nächste Familienfest. Null Bock die Ex-Frau, den Ex-Mann, die Schwiegermutter oder die Noch-Schwägerin zu sehen. Und wenn dann noch alte Ressentiments aufbrechen und verbale Giftpfeile abgeschossen werden, wird es brenzlig.
«Abifeier» ist eine Familienzusammenkunft der seltsamsten Art. Der Ich-Erzähler muss an der Abifeier seiner Tochter den Tisch mit Ex-Frau Bea teilen. Während seine Freundin Johanna ein paar Tische weiter bei ihrem Ex-Mann Rolf sitzt. Zwischen den Paaren entwickelt sich eine Eigendynamik. Und der Ich-Erzähler hat Angst die Kontrolle zu verlieren. Diese Ausgangslage bietet Sprengkraft. Bleibt aber leider ohne Zündstoff.
Daumen rauf
- Fällt mir beim Besten willen nichts ein! Vielleicht inspiriert ja diese Lektüre einen zur Selbstreflexion. Eine Fähigkeit, die dem Ich-Erzähler abgeht. Leider.
- Halt. Stopp. Ein gutes Zitat fällt mir da noch ein. Es bringt den Leidensdruck von Nils Protagonisten auf den Punkt: «Es gab nichts anderes mehr als den Tisch und Bea, die ich einst geliebt hatte und mit der ich jetzt in einer Blase gefangen war, und die Luft wurde knapp.» Röchel. Und Flucht.
Daumen runter
- Blutleer. Keine der Figuren in «Abifeier» lerne ich wirklich kennen. Ausser den Ich-Erzähler. Ein unbedarfter Typ. Einer, der den Kopf in den Sand steckt, wenn's brenzlig wird. Und der nicht kapiert, was Frauen wichtig ist.
- Flach. Eigentlich wäre Nils Familienscharmützel aus psychologischer Sicht hoch interessant. Da hätte einer sechs Jahre Zeit gehabt, sein Scheidungsfiasko zu verarbeiten und an der Beziehung zu seinem Sohn zu bauen. Tut das aber nicht. Was ist da los? Ich erfahre es in «Abifeier» nicht.
- WischiWaschi. Für mich fehlt «Abifeier» ein Gesicht. Ist das jetzt ein Roman? Ein Erfahrungsbericht? Eine Abrechnung? Oder das Resultat einer Schreibtherapie? Egal. So oder so: Dem Text fehlt es an Mut, an Power und Aussagekraft.
- Banal. Ich erfahre nichts, was ich nicht schon wüsste. Selbst dann nicht, wenn Nils Protagonist die Einsicht trifft: «Das war Familie. Man hat sich jahrelang nicht gesehen und kaum ein Wort gewechselt, und wenn man sich nach vielen Wintern wieder trifft, sagt man: «Und? Wie geht es dir?» Es ist nicht Gleichgültigkeit, es ist das Wissen um die Untrennbarkeit. Was immer auch geschieht, wie sehr man sich einander menschlich auch entfremdet: Man bleibt verbunden. Ob man will oder nicht.» Darauf wäre ich nie gekommen...
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Der Autor
Eric Nil ist das Pseudonym eines bekannten Romanautors, der sich offenbar bestens mit schwierigen Familienkonstellationen auskennt. Wer wissen will, wer hinter dem Kunstnamen steckt: Einfach mit den Buchstaben aus Eric Nil jonglieren.
Das Buch: Eric Nil: «Abifeier» (2018, Galiani Berlin)
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