Gefrorene Bergseen laden im Winter nicht nur zum Eislaufen ein, auch Eisfischen ist seit einigen Jahren auf ausgewählten Schweizer Bergseen erlaubt. So auch auf der Melchsee-Frutt. Dort können Eisfischer auf den beiden Stauseen Melchsee und Tannensee unter Anleitung bei eisigen Temperaturen auf Fischfang gehen.
Daniel Dommann, Geschäftsführer der Sportbahnen Melchsee-Frutt, zeigt sich trotz verfrühtem Saisonende wegen der Corona-Pandemie mit dem Winter 2019/2020 zufrieden: «Wir verzeichnen seit einigen Jahren eine erhöhte Nachfrage nach unserem Eisfischen-Angebot und hatten auch in diesem Winter mehr Anmeldungen, als wir befriedigen konnten.» Das liege vor allem daran, dass auf der Frutt Eisfischen nur mit einem ausgebildeten Guide erlaubt sei und das Angebot deshalb vom verfügbaren Personal abhänge. Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, planen die Fischerei-Verantwortlichen, das Angebot auf den nächsten Winter weiter auszubauen.
Eisfischen soll kein Massen-Erlebnis werden
Ähnlich sieht es auf dem Seeblisee im Gebiet Hoch-Ybrig aus. Seit zwölf Jahren werden Eisfischen-Erlebnistage angeboten. Pro Saison seien zwischen 500 und 600 Personen auf dem See, sagt Annemarie Meier von der Firma Natur-Erlebnisse. Und es werden von Jahr zu Jahr mehr: «Wir stellen tatsächlich ein erhöhtes Interesse fest. Vor allem die Wochenenden sind jeweils weit voraus ausgebucht.» Da man allerdings mit der Kapazität irgendwann an Grenzen stosse und Massenveranstaltungen verhindern wolle, erfolge der Ausbau sehr gezielt.
Vor allem Saiblinge, Bach- und Regenbogenforellen sowie der Namaycush werden im Winter aus den hochgelegenen Bergseen gezogen. Freigegeben für die Eisfischerei sind allerdings nur wenige Seen. Entscheidend sind die kantonalen Gesetze. Während im Kanton Bern bereits seit Jahren mehrere Seen für Eisfischer zugänglich sind, ist dieselbe Tätigkeit in anderen Kantonen strikt verboten.
Einer, der seit Jahren im Winter bei Temperaturen weit unter null Grad auf diesen Seen sein Glück versucht, ist Daniel Kilian. Er ist Eisfischer aus Leidenschaft und betreibt eine Webseite, auf der er die wichtigsten Informationen zum Eisfischen in der Schweiz festhält.
Eisfischen ist ein Abenteuer
Kilian beobachtete in den vergangenen Jahren eine starke Zunahme der Angebote und des Interesses am Eisfischen. Die Gründe dafür ortet er im besonderen Erlebnis:
Die Leute suchen ein Abenteuer, sie wollen etwas Neues ausprobieren.
Alternative Aktivitäten wie das Eisfischen seien eine willkommene Abwechslung zu den klassischen Wintersportarten wie Skifahren oder Schlitteln.
Er selbst verbringt zwischen Januar und März jeweils rund 30 bis 40 Tage auf gefrorenen Bergseen. Die Faszination fürs Eisfischen lässt ihn nicht los: «Man ist mitten in der Natur, erlebt den See auf eine völlig andere Art und Weise als im Sommer und muss auch mal durchbeissen, wenn es eiskalt ist. Für mich ist nicht der Fang entscheidend, sondern das befriedigende Gefühl, das mich nach einem Tag beim Eisfischen erfüllt.»
Der Silsersee lockt Fischer aus ganz Europa
Einer der Seen, der erst seit der Wintersaison 2019/2020 offiziell von Eisfischern genutzt werden darf, ist der Silsersee im Kanton Graubünden. Eingeführt wurde das Eisfischen dank der Initiative von Antonio Walther, der bereits seit 15 Jahren das Eisfischen auf dem Silsersee zu etablieren versuchte. Er ist Präsident des 1955 gegründeten Fischereivereines Lej da Segl, der von der politischen Gemeinde Sils im Engadin die Rechte für die Fischerei auf dem Silsersee gepachtet hat
Gefangen werden sollen auf dem Silsersee vor allem die grossen Namaycush, die bis zu 20 Jahre alt und einem Meter lang werden können und die keine wirklichen natürlichen Feinde mehr haben. Andere Fischarten wie etwa der Seesaibling, die Äsche oder Forellen sollen dabei geschont werden.
Der Namaycush, auch amerikanischer Seesaibling genannt, wurde in den 60er-Jahren in kühlen Seen ausgesetzt. Der Silsersee gilt als Mutter aller Namaycush-Seen in Graubünden. Der Bestand erneuert sich natürlich.
Pro Saison werden 100 Fische gefangen
Viele Fischer träumen vom «Fang des Lebens», wobei am Silsersee gerade einmal 30 Patente (à CHF 35.--) pro Tag vergeben werden. «Wir vergeben pro Saison 600 Patente und nur 100 Fische werden gefangen», sagt Fischereivereinspräsident Walthe. Das deute leider auch darauf hin, dass nicht alle Fischer, die den gefrorenen See verlassen, ihr Glück gefunden hätten.
Walther ist denn auch überzeugt:
Diese Form der Fischerei bleibt ein Nischenprodukt.
Auch, weil die Auflagen und Vorgaben der Eisfischerei auf Schweizer Seen relativ streng sind. Zudem erschweren Gefahren wie Steinschlag, Lawinen oder Eisbruch das Fischen auf den gefrorenen Seen.
Strenge Regeln für die Eisfischer
Grundsätzlich gelten auf den Bergseen die Bestimmungen der kantonalen Fischereigesetzgebung. Die Regeln betreffen unter anderem die Grösse des Eisloches, die Art der Köder und die erlaubte Fangmenge. Sie variieren je nach Bergsee und Kanton. Eisfischer sollten sich deshalb vor jedem Ausflug über die vor Ort geltenden Bestimmungen informieren – und sich mit der nötigen Ausrüstung ausstatten.
Und selbstverständlich sollte auch die Geduld der Fischer sein, denn ein kapitaler Fang ist auch im Winter kein Geschenk. Er ist Ausdruck von Verständnis, Ruhe und Erfahrung. Petri Heil!