Die Grosis und Grospapis von heute sind meist gesund, fit und stehen mitten im Leben. Und die Freude ist oft gross, wenn Frauen und Männer durchschnittlich zwischen 53 und 55 Jahren zum ersten Mal Grosseltern werden. Doch müssen sie deswegen ihre Enkelkinder hüten? Das scheint heute fast zum Pflichtprogramm zu gehören.
160 Millionen Stunden Betreuungsarbeit – meist gratis
Vielen Schweizer Familien ginge der «Schnuuf» aus, wenn die Grosseltern nicht bei der Erziehung mithelfen würden. Gemäss Bundesamt für Statistik wird ein Drittel der Kinder unter 12 Jahren in irgendeiner Form durch Grosseltern betreut.
Grosis und Grospapis leisten hochgerechnet 160 Millionen Betreuungsstunden pro Jahr, das entspricht schätzungsweise Arbeit im Wert von acht Milliarden Franken. Doch die meisten Grosseltern passen regelmässig auf ihre Enkel auf, ohne dafür Geld zu verlangen.
Potenzielles Risiko für Altersarmut
Ist das richtig und fair? Oder müsste man Grosseltern für ihre Betreuungsleistung entschädigen? Ja, finden Betroffene.
Oft stehen Grossmütter oder Grossväter noch im Berufsleben und müssen für die Enkelbetreuung ihr Pensum reduzieren. Das bedeutet weniger Einkommen, weniger AHV und weniger Pensionskasse – ein potenzielles Risiko für Altersarmut, gerade bei Frauen.
Wer soll zahlen: Der Staat oder die Töchter und Söhne?
Einige Betroffene finden, der Staat sollte einspringen, zum Beispiel mit Steuerabzügen, Betreuungsgutschriften, Zeitgutschriften oder mit «Zustüpfen» durch die öffentliche Hand.
Andere finden, die Söhne und Töchter wären in der Pflicht, den Grosseltern einen Lohn anzubieten. «Wichtig fände ich, dass man als Grosseltern überhaupt die Wahl hätte: Kann ich mir die Gratisarbeit leisten, oder nehme ich tatsächlich einen «Zustupf» vom Staat oder von meinen Kindern an?», sagt eine Grossmutter aus dem Kanton Bern. Heute habe man diese Wahl oft nicht.
«Enkelbetreuung ist Privatsache»
Andere Grosseltern hingegen finden, die Betreuung der Enkel sei Privatsache und in der Eigenverantwortung jeder Familie. «Nicht jede Leistung hat ein Preisschild, und der Staat kann nicht alles richten», sagt eine Grossmutter aus dem Kanton Luzern.
Für seine Familie Opfer bringen statt Selbstoptimierung, sei das Motto. Der «Lohn» sei ein gutes Verhältnis zum Enkelkind, und das mache glücklicher als jeder Franken. Zudem wären staatliche Massnahmen nur mit viel Bürokratie verbunden.
Ist es in Ordnung, dass alle mit den Grosseltern rechnen? Oder sollten Grosis und Grospapis für regelmässiges Hüten bezahlt werden? Und wenn ja: Vom Staat oder von den Eltern? Diskutieren Sie mit.