Die Kochlehre wollte er einst hinschmeissen, später der beste Koch der Schweiz werden. Heute kocht Sternekoch Noah Bachofen für seine Follower, scheitert aber am Geschmack seiner sieben Monate alten Tochter.
SRF: Wie ist es für einen Sternekoch Babybrei zu kochen?
Noah Bachofen: Ziemlich langweilig. Experimentieren ist kaum möglich. Was aber spannend ist: An manchen Tagen isst sie den Brei, an anderen nicht.
Auch spannend, eigentlich wollten Sie ja Bäcker werden?
Ich liebte Backen. Ich buk mit allem, was ich finden konnte. Auch mit Mars-Riegeln. Wenn Zucker fehlte, goss ich ein Süssgetränk in den Teig.
Erst wenn du besser wirst, bist du in der Küche etwas wert.
Zum Teil hat das fürchterlich geschmeckt, aber es war kreativ.
Kochen aber war eher ein Müssen?
Meine Mutter arbeitete zu 100 Prozent. Wir Kinder mussten viel Verantwortung tragen. Wer als Erstes aus der Schule kam, kochte für die drei anderen. Ich machte es aber gerne und später dann auch die Kochlehre.
Die sei aber der Horror gewesen?
Die Hitze, der Lärm, der Umgangston, schmerzende Füsse. Ich hatte Mühe, konnte aber auch noch nichts. Ich bin ungeduldig und wollte einfach wieder weg.
Sind Sie aber nicht...
Es klingt hart. Erst wenn du besser wirst, bist du in der Küche etwas wert. Das spürst du als junger Mensch. Ich wurde besser. Wenn du merkst, «Hey ich mache die beste Rösti», dann bist du stolz.
Ist da Ihre Wettbewerbswut entstanden?
Nicht direkt. Zuerst wechselte ich in ein Spital und liess mich zum Diät- und Chefkoch ausbilden. Ich wollte den Gastro-Stress nicht mehr. Gleichzeitig wurde mir langweilig.
Es gibt kuriose Theorien, wie man Michelin-Testesser erkennen könnte.
Ich setzte mir deshalb zum Ziel, der beste Koch der Schweiz zu werden. Während rund zwei Jahren kochte ich vor diversen Fachjurys. Gewonnen habe ich nie. Meine Freunde nehmen mich noch heute hoch.
Stattdessen wurden Sie Sternekoch.
Das kann ich mir auch nicht so genau erklären. Ich kannte diese Lokale nicht. Ein Kollege lud mich zum Geburtstag in ein Sternerestaurant ein. Eine neue Welt. Desserts mit 20 Komponenten. Da wusste ich, genau das will ich, egal, welche Opfer ich bringen muss.
Und dann?
Ich klopfte zwei Tage später bei eben diesem Restaurant an die Tür und sagte: «Ich war bei euch Essen. Es war genial. Ich würde gerne bei euch arbeiten.»
Echt?
Es war eine Zeit, als die Sterneküche Mühe hatte, neue Leute zu finden. Ich konnte relativ leicht einsteigen. Ich machte Praktika und schon bald kam die Idee des «Magdalenas» auf, das ich mitentwickelte.
Und wo sie bereits im ersten Jahr zwei Michelin-Sterne erhielten. Wie läuft das eigentlich ab?
Das weiss man nicht genau. Bewerben kann man sich ja nicht. Es gibt anonyme Testesser. Es gibt kuriose Theorien, wie man die erkennen könnte: «Womöglich sind es Personen, die alleine essen, eine deutsche Telefonnummer haben und ein Auto mit Michelin-Reifen fahren.»
Sie wurden also überrascht?
Wir trauten unseren Augen nicht! Es gab keine Ankündigung. Wegen Corona auch kein Fest. Wir entdeckten unser Restaurant auf der Homepage von Michelin und dachten zuerst, das sei ein Fehler. Dann sind wir komplett ausgerastet. Es ist das höchste der Gefühle.
Und trotzdem stehen Sie heute alleine in Ihrer Küche und drehen Videos. War Ihnen langweilig?
Heute kann ich das reflektieren. Es war wohl eine Mischung aus Langeweile und Geltungsdrang. Vieles geschah im Unterbewusstsein. Ich suchte etwas, das mir Spass macht. In den Ferien stellte ich ein erstes Video auf Social Media. Es ging viral. Also begann ich, Ideen zu entwickeln.
Die Sternegastronomie machte zwar auch Spass, aber sie wäre nicht mit einer Familie vereinbar gewesen.
Das Gespräch führte Olivia Röllin.