Fermentieren liegt im Trend. Immer mehr Leute machen heute wieder, was für ihre Grossmütter alltäglich war: Gemüse mittels Fermentation haltbar machen. Dabei steht für die meisten nicht unbedingt die Haltbarkeit, sondern viel mehr die Gesundheit im Vordergrund. Dank der Fermentation wird das Gemüse aufgewertet. Es ist gesund und enthält mehr Vitamine als das frische Original.
Milchsauer eingelegtes Gemüse gilt als ausgesprochen gesund. Wer täglich ein paar Gabeln rohes Sauerkraut isst, nimmt neben Vitaminen auch die lebenden Milchsäurebakterien zu sich. Die Vermutung ist, dass diese sogenannten Probiotika unsere eigene Darmflora bei der Arbeit unterstützen und so die Gesundheit fördern.
Seit ich regelmässig fermentiertes Gemüse esse, war ich nie mehr krank im Winter.
Die Forschung stehe zwar noch am Anfang, aber es gebe mittlerweile auch erste Studien, die zeigten, dass Sauerkraut und Kimchi tatsächlich förderlich seien für das Immunsystem und den Stoffwechsel, sagt Fermentations-Expertin Franziska Wick, die auch Fermentationskurse anbietet. Ihre persönlichen Erfahrungen stützten diese These: «Seit ich regelmässig Milchkefir und fermentiertes Gemüse esse, bin ich nie mehr krank im Winter. Früher war ich ständig krank. Ich kann es wissenschaftlich zwar nicht beweisen, merke aber einen Unterschied.» Wichtig sei allerdings, das fermentierte Gemüse roh zu essen. Beim Erhitzen werden die Bakterien getötet.
Kein Gemüseabfall dank Fermentation
Hinter dem Trend steht aber nicht die Gesundheit allein. Während unsere Grossmütter fermentierten, um auch im Winter vitaminreiches Gemüse zu haben, steht in Zeiten des Überflusses immer mehr die Vermeidung von Foodwaste im Vordergrund. Wer zu viel Gemüse eingekauft hat oder im eigenen Garten einen Überschuss produziert, kann das Gemüse fermentieren. Dabei lassen sich verschiedene Gemüsesorten und Gewürze fast beliebig kombinieren. Experimentieren ist angesagt.
Wir versuchen auch aus den Rüstabfällen immer wieder neue, aromatisch überraschende Produkte zu kreieren.
Foodwaste verhindern ist auch das Motto von Matteo Leoni. Der Koch aus Milano ist ein Pionier unter den modernen «Fermentistas» und betreibt in Basel eine kleine Manufaktur für fermentiertes Gemüse und andere Fermente. Er übernimmt von Biobauern Gemüse, das sonst auf dem Kompost landen würde. Für die Fermentation sei nur der Geschmack und die Bio-Qualität wichtig, nicht aber die Form von Gemüse. Er habe als Koch in der Gastronomie schon viel zu viel Foodwaste erlebt. «Wir werfen auch in der Produktion nichts weg, was essbar ist. Wir versuchen im Gegenteil auch aus den Rüstabfällen immer wieder neue, aromatisch überraschende Produkte zu kreieren».
Probieren Sie es aus - so fermentieren Sie Gemüse zu Hause
Mit Experimentierfreude fermentieren
Für die Kreation neuer Produkte verwendet Matteo Leoni auch solche, die andere wegwerfen. Aus altem Brot und Kaffeesatz beispielsweise fermentiert Leoni Essig. Für ihn ist die Experimentierfreude und das Schaffen neuer Aromen der Schlüssel zum Fermentieren. Man wisse nie ganz genau, was herauskomme. Man koche mit den Mikroben sozusagen mit unsichtbaren Zutaten, die das Fermentierte mit ihren Stoffwechselprodukten sogar noch selber würzten, sagt Matteo Leoni. Dass dabei auch immer mal wieder etwas schief gehen kann, liegt auf der Hand. Und das landet dann eben doch im Kompost.