«Von den Tannen ernten wir ganz feine Triebe im Frühling», erzählt Ingrid Pilto. Sie ist Slow-Food-Köchin und wohnt im nordschwedischen Weiler Ammarnäs in der Gemeinde Sorsele. Und: Sie pflegt die samische Esskultur in Nordschweden. Natürlich spielt in der Ernährung der Samen die Verwertung des Rentiers von Nose to Tail eine Hauptrolle. Aber auch der Wald liefert den Ureinwohnern Schwedens wichtige Nährstoffquellen. Insbesondere auch die Bäume.
Neben den Trieben von Tannen ernten die Samen die Triebe von Birken. «Wir nennen sie Mausohren», sagt Ingrid Pilto. Gemeint sind die ungeöffneten Blättchen der Birke, die wie kleine Spitzen aus den Ästchen treiben. Die Sami trocknen sie und nutzen sie wie ein Gewürz. Wenn sie Fisch in Öl einlegen, geben sie oft eine Handvoll «Mausohren» dazu.
Auch die jungen Blättchen der Birke werden verwertet. Ingrid Pilto pflückt sie und trocknet sie dann. «Das gibt guten Tee», sagt sie. Natürlich können die Birkenblätter auch ganz frisch geerntet zu einem Tee aufgebrüht werden.
Rinde als Brotingredienz
Doch die Samen gehen auch weiter und pflücken nicht nur Triebe und Blätter. Sie nutzen auch Rinden von Bäumen. Beziehungsweise das Kambium, also die Schicht zwischen Stamm und Rinde. Im Frühling, wenn der Baum im Saft ist, wird das Kambium der Föhre geerntet. «Ich wasche es, trockne es und vermahle es zu Mehl», sagt Ingrid Pilto. Das Mehl verbackt sie dann in einem Brot. Allerdings sollte das Brot nicht mehr als 10 Prozent vom Kambium-Mehl enthalten. «Es enthält Oxalsäure, deshalb ist mehr nicht gesund», sagt die Slow-Food-Köchin aus Schwedisch-Lappland.
Beraterin der Spitzenköche
Ingrid Pilto gibt ihr Wissen auch weiter in Kursen und Erlebniswochen. Und: Auch die nordischen Spitzenköche sind mit ihr in Kontakt getreten. Diese berät sie und gibt ihr Wissen weiter, an Magnus Nilsson etwa, der in Schweden mit dem Restaurant Fäviken (mittlerweile geschlossen) für Aufsehen gesorgt hat.
Nicht alles, was die sogenannte «New Nordic Cuisine» auf die Teller bringt, ist dann aber auch im Sinn von Ingrid Pilto. Sie erzählt, dass sie eines Tages an einem Avantgarde-Kochevent war, mit René Redzepi vom berühmten Restaurant Noma in Kopenhagen. «Er frittierte Rentier-Flechten», erzählt sie mit einem Lachen. «Ich habe es meinem Mann am Telefon erzählt und er meinte, das sei crazy.» Der Grund: Die Flechten sind offenbar für Menschen giftig. «Nur Rentiere können sie verdauen, weil sie mehrere Mägen haben», so Ingrid Pilto. Aber sie nimmt die Neuinterpretation von «Wald essen» in der «New Nordic Cuisine» mit Humor. «Es hat schön ausgesehen», sagt sie.
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