Kann ein Job, bei dem sechsmal die Woche um 3 Uhr morgens der Wecker läutet, ein Traumjob sein? «Auf jeden Fall», sagt Berufsfischer Andreas Braschler aus Hurden am Zürichsee.
Auch nach 35 Jahren Berufsfischerei ist das Fischen noch immer sein Traumberuf: «Ich geniesse die frühmorgendliche Ruhe auf dem See, das Alleinsein und die Natur. Wie damals, als ich als kleiner Bub den Grossvater oder den Vater beim Fischen begleiten durfte.»
Gibt es etwas Schöneres?
«Schaut euch doch einfach mal um, gibt es etwas Schöneres?», fragt Braschler in die Runde, als wir kurz vor vier Uhr morgens im Dunkeln mit dem Boot von Hurden aus in den noch tiefschwarzen See stechen.
Wir sind unterwegs Richtung Frauwinkel. So heisst die Fischenze des Klosters Einsiedeln, welche die Braschlers seit fast 250 Jahren in Pacht haben. Hier am oberen Ende des Zürichsees, zwischen der Insel Ufenau und Pfäffikon, fischt Andreas Braschler exklusiv. Nur er darf hier Netze setzen. Grobmaschige Grundnetze zum Beispiel, wie er sie hier tags zuvor am späten Nachmittag ausgelegt hatte.
In der Hoffnung, heute unter anderem auch einige Brachsmen an Land zu ziehen. Drei bis vier Kilogramm schwer wird dieser Fisch aus der Familie der Karpfen. Ein Weissfisch, und anders als Felchen, Egli und Zander: kein Edelfisch.
Beifang? So etwas gibt es bei Andreas Braschler nicht!
Kein Edelfisch? Ja, Andreas Braschler fischt alles, was der See her hergibt. «Beifang, also Fische, die ich nicht verwerte, gibt es für mich nicht», sagt Braschler. Der Fischer ist überzeugt, dass die Berufsfischerei nur so eine Zukunft hat.
Weil die Bestände an Edelfischen wie Felchen und Egli immer kleiner werden und sie zu bestimmten Jahreszeiten kaum ins Netz gehen, könne von der Fischerei nur leben, wer nachhaltig fische, also nicht ausschliesslich auf Edelfische setze. Anders als dies noch bei seinem Vater oder seinem Grossvater gut funktioniert habe.
Heute könne man auch nicht mehr den ganzen Fang dem Händler verkaufen. Das rentiere sich in der Berufsfischerei nicht mehr. Deshalb freut sich Andreas Braschler nicht nur über Edelfische wie Egli oder Felchen in seinem Netz, sondern ebenso über die sogenannt zweitklassigen Fische, die ihm über Nacht ins Netz gehen. Über den Brachsmen, zum Beispiel, über das Rotauge oder die Schleie, die Braschler in seiner Fischerei veredelt.
Schlechtes Image – guter Fisch
Die «zweitklassigen Fische», sagt Andreas Braschler, hätten zu Unrecht ein schlechtes Image. Das zeige sich auch bei seiner Kundschaft: wer einmal statt Egli oder Felche, Brachsmen oder Schwale gekauft habe, verlange immer wieder danach.
Die Fische seien nicht nur günstiger als Edelfische, sie würden heutzutage auch nicht mehr moderig riechen. Dafür seien unsere Seen heute viel zu sauber, ist Braschler überzeugt.
Wenn Andreas Braschler gegen acht Uhr mit seinem Fang wieder zurück an Land ist, ist für den Berufsfischer noch nicht Feierabend.
Nach dem «Zmorge» tauscht er sein Ölzeug gegen eine Plastikschürze, filetiert und entschuppt Fische. Zusammen mit seinen drei Teilzeitangestellten macht er aus sogenannt zweitklassigen Zürichsee-Fischen erstklassige Fischstäbli, Fischwürste, Fischburger, Fisch-Cordon-Bleu und Fischlasagne. Diese verkauft Braschler neben ganzen Edelfischen oder deren Filets seiner Kundschaft direkt ab Fischerei oder tischt die leckeren Fischspezialitäten bei seinen Caterings auf.