Öle und Fette sind ein wichtiger Bestandteil der menschlichen Ernährung. Da die Urheimat des wilden Olivenbaums im östlichen Mittelmeerraum liegt, war es naheliegend, dass die Menschen, die in diesen Gebieten lebten, vor rund 5‘000 Jahren damit begannen, den Olivenbaum zu kultivieren.
In der Folge hat sich der Olivenbaum als Kulturpflanze im ganzen Mittelmeerraum ausgebreitet und ist zu einem prägenden Element der mediterranen Kulturlandschaft geworden. Das aus den Oliven gewonnene Öl wurde nicht nur für die Ernährung, sondern auch für die Beleuchtung (Öllampen), für die Körperpflege und in der Medizin gebraucht.
Olivenöl als Lebensmittel
Heute ist das Olivenöl vor allem als Lebensmittel von grosser Bedeutung. An der Spitze der Qualitätspyramide stehen die Extra-Vergine-Öle (auf Deutsch: nativ extra), die mit einem Grand-Cru-Wein vergleichbar sind. Sie werden ausschliesslich mit mechanischen Verfahren direkt aus Oliven gewonnen und müssen absolut fehlerfrei sein.
Die Olivenölsensorikerin und international tätige Olivenöltesterin Antonella Meyer-Masciulli beantwortet drei Fragen zum Thema Olivenöl:
Wie entstehen Extra-Vergine-Öle?
Antonella Meyer-Masciulli: «Nur aus gesunden Oliven, die zum richtigen Zeitpunkt schonend geerntet werden, entstehen erstklassige Olivenöle. Die Erntezeit beginnt, wenn die Oliven ihre Farbe von grün zu rot-violetten Tönen wechseln.
Die geernteten Oliven müssen innert vier, fünf Stunden in einer modernen Ölmühle verarbeitet werden. In der Ölmühle werden die Oliven gewaschen und dann mitsamt dem Kern zerkleinert. Dieser Olivenbrei wird nun zentrifugiert, um das Öl von Wasserrückständen zu trennen.
Wichtig ist dabei, dass die ganze Verarbeitung möglichst unter Luftabschluss geschieht, damit der Olivenbrei und das gewonnene Öl nicht oxydieren, sagt die Olivenöltesterin. «So pittoresk die alten Steinmühlen und die Pressmatten auch sind, sie gehören ins Museum, weil sich mit ihnen kein Qualitätsöl erzeugen lässt. Um ein hochwertiges, stabiles und lagerfähiges Öl zu erhalten, wird es sofort gefiltert und, bis es in Flaschen abgefüllt wird, unter Luftabschluss gelagert.»
Wie schmeckt ein erstklassiges Extra-Vergine-Olivenöl?
Antonella Meyer-Masciulli: «Typisch sind grüne Aromen wie frisch geschnittenes Gras, Artischocken und grüne Tomaten. Im Gaumen sollte es fruchtig schmecken. Extra-Vergine-Öle weisen zudem eine spürbare Schärfe und Bitterkeit auf. Sie sollten im Hals kratzen. Wichtig ist ferner, dass sich die verschiedenen Eigenschaften zu einem harmonischen Gesamteindruck verbinden.»
Kann billiges Olivenöl gut sein?
Antonella Meyer-Masciulli: «Ein wirklich hochwertiges, erstklassiges Extra-Vergine-Öl kann nie billig sein, weil die Produktionskosten recht teuer sind. So liegen in Italien allein die Produktionskosten für einen Liter erstklassiges Extra-Vergine-Olivenöl je nach Gebiet zwischen zehn bis fünfzehn Euro. Deshalb kostet ein solches Olivenöl nicht weniger als 20 Franken pro halben Liter.»