Telefon, WhatsApp oder Skype – im digitalen Zeitalter stehen uns unterschiedlichste Kommunikationsmöglichkeiten offen. Corona, Ukraine-Krieg und Strommangellage haben die Verlässlichkeit dieser Kanäle aber in Frage gestellt: Wie könnten wir noch kommunizieren, wenn es zum Blackout kommt?
Eine neue Bedeutung könnte dann der Amateurfunk erhalten. Die rund 5’000 Funkamateurinnen und Funkamateure in der Schweiz brauchen weder Satelliten noch WLAN oder Kabelverbindung, um zu kommunizieren. Sie spüren das wachsende Interesse von Bevölkerung und Behörden. Und haben auch klare Ideen, wie ihre Rolle im Notfall aussehen könnte.
Es war wahnsinnig, gerade zu Lockdown-Zeiten. Da waren die Bänder voll, Tag und Nacht haben sich die Menschen über Funk ausgetauscht.
Funken in der Corona-Krise
Vor allem die Corona-Krise hat viele zum Amateurfunk gebracht, meint Funkamateur René Lutz. Er betreibt in Grindel SO eine Amateurfunkanlage. Viele Menschen hätten sich daran erinnert, dass sie noch eine Lizenz und ein Gerät haben, sagt Lutz: «Es war wahnsinnig, gerade zu Lockdown-Zeiten. Da waren die Bänder voll, Tag und Nacht haben sich die Menschen über Funk ausgetauscht, mit anderen Ländern, aber auch innerhalb Schweiz.»
«Für viele war es auch ein Ausweg aus der Einsamkeit», erinnert sich Willi Vollenweider, Präsident der Union Schweizerischer Kurzwellen Amateure (USKA). Hatte sich das Interesse am Amateurfunk in den Jahren vor Corona auf stabilem Niveau gehalten, stellt die USKA seither deutlichen Zuwachs fest.
Behörden und Amateurfunk
Eine weitere Trendwende haben der Ukraine-Krieg und die Energiekrise gebracht: Die drohende Strommangellage hat die Funkamateure ins Bewusstsein der Behörden gerückt. Vollenweider meint: «Jahrelang mussten wir die Behörden aktiv auf unser Angebot aufmerksam machen. Seit einem halben Jahr nun erhalten wir plötzlich Anfragen von Gemeinden oder kantonalen Krisenstäben.»
Wie eine Zusammenarbeit von Funkamateuren und Behörden aussehen könnte, zeigt das Beispiel des Kantons Zug. Er hat schon seit einiger Zeit eine Leistungsvereinbarung mit der Notfunkgruppe Zug. Sie würde im Krisenfall aufgeboten, um die Kommunikation der Behörden zu unterstützen.
Funkverkehr im Krisenfall
Der Funkverkehr ist also in den Fokus von Behörden und Bevölkerung gerückt. Doch wo ist der Einsatz der Funkamateure besonders wirkungsvoll? Lutz und Vollenweider sind sich einig: Dort, wo Polizei und andere Rettungsorganisationen nicht untereinander, sondern mit der Bevölkerung kommunizieren.
Die Blaulichtorganisationen haben ein schweizweites Kommunikationssystem, das auch im Notfall funktionieren sollte, sagt USKA-Präsident Willi Vollenweider: «Aber wie verständigen die Menschen selbst den Notruf, wenn Internet und Telefonie ausgefallen sind?» In den meisten Kantonen gibt es das Konzept der Notfall-Treffpunkte. Das sind Orte, an denen Erste Hilfe und Information geboten werden – und auch die Möglichkeit, Notrufe abzusetzen. Als Kommunikationsspezialisten können Funkamateure hier unterstützen, meint Vollenweider.
Der USKA-Vorstand hat deshalb im Herbst 2022 ein entsprechendes Konzept erarbeitet. Dieses zeigt den Funkamateuren auf, wie ihre Zusammenarbeit mit den Gemeinden aussehen könnte – und wie sie dazu vorgehen.
Funkamateur René Lutz ergänzt, dass das Kommunikationssystem von Polizei und Co. im Krisenfall wohl auch keine Kapazität für weitere Anliegen der Bevölkerung hat: «Wie erreicht meine Frau in Solothurn ihre Familie im Wallis? Eher nicht über das System der Rettungskräfte. Genau hier wäre also ein idealer Einsatzort der Funkamateure.»