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Dialektratis Berner Oberland «Gùgg ììs» – Ja, auch das ist Berndeutsch!

Im Berner Oberland gibt es eine grosse Dialektvielfalt. Das hat unter anderem mit der Geografie zu tun.

Mit «Berndeutsch» ist meist der Dialekt von Stadt Bern und Umgebung gemeint. Aber in diesem grossen Kanton werden auch viele andere Dialekte gesprochen. Besonders stark heben sich die Mundarten des Berner Oberlandes von jenem Berndeutsch ab, das rund um Bern herum gesprochen wird.

Ein Grund dafür liegt in der Geschichte der Region: Das Oberland war im Gegensatz zum Rest des heutigen Kantons lange unabhängig von der mächtigen Stadt Bern. Die Beziehungen mit dem Mittelland waren daher nicht so eng.

Das Oberländische gehört zum Höchstalemannischen

Durch den geringen Kontakt glichen sich die Dialekte des Ober- und des Mittellandes über die Jahrhunderte kaum an. So blieben im Oberländischen zum Beispiel die mittelalterlichen sogenannten Hiatus-Monophthonge erhalten (schniie, buue, nüü/nii) und wurden nicht diphthongiert wie im Mittelland (schneie, boue, nöi).

Im Höchstalemannischen blieb die sog. Hiatus-Diphthongierung aus

Die Dialektgrenze verläuft ungefähr am Thunersee – Thun und Spiez zählen dialektal noch zum Mittelland.

Auch in anderen (vor)alpinen Dialekten blieb die sogenannte Hiatus-Diphthongierung aus. Zusammen mit dem Berner Oberländischen bilden diese Dialekte das höchstalemannische Mundartgebiet (im Gegensatz zum Hochalemannischen im Rest der Deutschschweiz).

Im Unterschied zum restlichen Berndeutsch wird im Oberland auch das «l» weiterhin ausgesprochen und nicht vokalisiert – also Esel und Halle statt Esu und Haue. Ebenfalls erhalten geblieben ist die Ensilbe «-nd», während diese im Berner Mittelland zu «-ng» velarisiert wurde: Hang, Ching usw.

Nicht nur konservativ!

Mittelalterliche Merkmale blieben also durch die Abgeschiedenheit erhalten. Auf der anderen Seite gab es im Oberländischen aber auch Neuerungen, etwa die Aussprache von «chs» als «ggs»: säggs, waggse, Fuggs.

Schweizerkarte – Deutschschweizer Gebiete sind unterschiedlich eingefärbt
Legende: Mundart-Lautung von «chs» in «sechs» dialektatlas.ch

Grosse Vielfalt im Oberland

Das Berner Oberländische unterscheidet sich nicht nur stark vom übrigen Berndeutsch, sondern ist auch in sich sehr vielfältig. Dafür gibt es geografische und historische Gründe: Während das Saanenland eher nach Westen zum Waadtländer Pays d'Enhaut orientiert war, hatten Brienz und das Haslital im Osten rege Kontakte über die Pässe ins Goms und nach Obwalden.

Freiburgerdeutsch – ähnlich und doch anders

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Im Kanton Freiburg werden neben Französisch auch schweizerdeutsche Dialekte gesprochen. Während der Dialekt des Freiburger Seelands beinahe mit dem Berner Mittelländer Dialekt identisch ist, sind die Mundarten im Sensebezirk und im Bergdorf Jaun näher mit dem Berner Oberländischen verwandt – sie gehören ebenfalls zum Höchstalemannischen.

Jaundeutsch

Jaun ist die einzige deutschsprachige Gemeinde im sonst französischsprachigen Freiburger Greyerzbezirk. Der Ort wurde im Mittelalter vermutlich vom Simmental her germanisiert – und noch heute hat Jaundeutsch viele Gemeinsamkeiten mit dem Simmentaler Dialekt, etwa die Endung «-i» für gewisse weibliche Pluralformen (Tanni, Soli für 'Tannen, Sohlen') oder das Wort sum für 'manch'.

Auffällig ist am Jaundeutschen vor allem die Diphthongierung von langem «o», langem «e», und langem «ö» zu «ue», «ie» und «üe»: In Jaun isst man Suessa, Chies und ein Brüetli statt Soosse, Chees und ein Bröötli. Ausserdem werden «a» vor «n» oder «m» zu «ò» verdumpft: Hònd und Hòmmer statt Hand und Hammer. Diese lautlichen Merkmale hörte man früher auch noch im benachbarten Simmental – heute kaum mehr.

Senslerdeutsch

Auch der im Freiburger Sensebezirk gesprochene Dialekt hat einige Gemeinsamkeiten mit den (westlichen) Berner Oberländer Dialekten, etwa die Monophthongierung von «ei», «ou» und «öi» zu «ùù», «ii» und «ǜǜ»: Giiss, Ùùge, tǜǜf.

Daneben hat Senslerdeutsch auch viele einzigartige Dialektmerkmale – welche, erfahren Sie im Video ganz oben).

Ausserdem waren die Täler durch hohe Berge getrennt – bis vor wenigen Jahrzehnten waren die Wege zueinander weit und beschwerlich. Wie zum Mittelland gab es darum auch untereinander nicht sehr viel Austausch, wodurch sich in jedem Tal eine eigene Mundart herausbildete.

Markante Unterschiede zwischen den Tälern

Sehr exemplarisch zeigt sich dies etwa beim Wort «schauen».

Bevorzugter Ausdruck für «schau!»

Darüber hinaus gibt es zwischen den Tälern vor allem lautliche Unterschiede. So werden zum Beispiel die Laute «ö», «ǜ»und «ü» in der östlichen Hälfte des Oberlandes entrundet: bees, Rigge, fyyf statt böös, Rǜgge, füüf.

Typisch für Simmental und Kandertal im Westen ist die Monophthongierung von «ei», «ou» und «öi» zu «ii», «ùù» und «ǜǜ»: Giiss, Ùùge, tǜǜf.

In Brienz und im Haslital ganz im Osten wurden hingegen «ue» und «üe» monophthongiert: Brööder, Feess statt Brueder, Füess.

Schwarzenburgerland – ein mundartliches Übergangsgebiet

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Das Schwarzenburgerland liegt zwischen dem Freiburger Sensebezirk und dem Berner Mittelland. Diese Lage und die jahrhundertelange gemeinsame Verwaltung durch Freiburg und Bern sind der Grund dafür, dass im Schwarzenburgerland eine Art Übergangsdialekt zwischen Senslerdeutsch und Berner Mittelländer Dialekt gesprochen wird.

Wie im Senslerdeutschen und im westlichen Berner Oberland werden «ei», «ou» und «öi» monophthongiert: Giiss, Ùùge, tǜǜf. Auch der Schwund von «d» in der Endung «-nd» (Hann, Chinn) oder die Wörter Nöösche (Schnupfen) und fùngge (kicken) sind gleich wie im Senslerdeutschen.

In anderen Aspekten geht der Dialekt des Schwarzenburgerlandes mit dem des Berner Mittellandes, so etwa bei der Hiatus-Diphthongierung (schneie, boue, nöi).

Mundart im Umbruch

Bis heute kann man also am Dialekt erkennen, aus welchem Oberländer Tal jemand kommt.

Allerdings ist die Region längst nicht mehr so abgeschieden wie vor Jahrhunderten. Die rasant gestiegene Mobilität hinterlässt auch in der Mundart ihre Spuren – die Dialekte gleichen sich an. So sagen junge Oberländerinnen und Oberländer etwa schon eher boue statt buue. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen.

Mundart-Lautung von «au» in «bauen»

Radio SRF 1, «Dini Mundart», 31.01.2025, 09:40 Uhr

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