Wie viele junge Asylsuchende mussten oder müssen Lehre abbrechen?
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) spricht von wenigen Fällen, kennt aber keine Zahlen, weil das Sache der Kantone sei. Die Kantone führen wiederum keine Statistik zu diesem Thema. Die Aktionsgruppe Nothilfe spricht von 700 bis 900 betroffenen Personen.
«Ein guter Lehrling»
Knall auf Fall musste der Käserei-Lehrling von Hausi Mäder in Mamishaus BE seine Lehrstelle verlassen, nachdem sein Asylgesuch abgewiesen worden war. Er hatte die Lehrstelle bekommen, weil sich kein Schweizer auf die Stelle beworben hatte.
Der Käsermeister will sich nicht in die Asylpolitik einmischen. Aber warum ein so intelligenter, kontaktfreudiger und ehrlicher junge Mann, der anzupacken weiss, seine Lehre nicht mehr beenden darf, kann er nicht verstehen. «Ich stand da und hatte viel Arbeit und mein Lehrling durfte nicht mehr arbeiten.»
Schlecht sah es erst auch für den Lehrling von Malermeister Jürg Lüthi aus. Sein Asylgesuch wurde abgewiesen. Zwei Jahre war der junge Mann zur Untätigkeit verurteilt, bevor ein neues Asylgesuch mit neuen Beweismitteln die Situation klärte. Der Lehrling darf hierbleiben und Malermeister Lüthi hat seinen Lehrling wieder.
Nicht Ausländergesetze unterlaufen
Für Barbara Steinemann, SVP-Nationalrätin, ist der Entscheid nur konsequent, dass abgewiesene Asylsuchende die Lehrstelle verlieren. « Es würde unsere demokratisch beschlossenen Ausländergesetze unterlaufen, wenn man diesbezüglich Ausnahmen machen würde».
Es gebe laut Bundesamt für Statistik aktuell 25'600 Personen mit vorläufiger Aufnahme und 23'500 anerkannte Flüchtlinge. Steinemann findet: «Wer als Arbeitgeber einen Beitrag im Interesse der Allgemeinheit leisten möchte, kann sich unter diesen 50'000 Personen mit geregeltem Aufenthaltstitel jemanden aussuchen».
Von Kanton zu Kanton verschieden
Wie mit abgewiesenen Asylsuchenden und dem Lehrstellenabruch umgegangen wird, ist je nach Kanton verschieden.
Seit 1. März 2019 gilt das neue Asylrecht. Innerhalb dreier Monaten soll über den Verbleib in der Schweiz entschieden werden. Damit stelle sich in Zukunft die Frage nach Lehrstellen für Asylsuchende nicht mehr, sagt das SEM. Allerdings zeigt sich in der Praxis, dass sich komplexe Fälle auch da in die Länge ziehen können.
Pragmatismus vor Recht?
Die Lehrlinge von Mäder, Lüthi und anderen Arbeitgebern sind zum Teil seit über fünf Jahren in der Schweiz. Sie hatten ihr Asylgesuch noch unter altem Asylrecht eingereicht. Ihre Fälle geben zu reden: Integrationsbemühungen versus Schweizer Recht, Nothilfe versus Lehrlingslohn.
Zu Gast in der Sendung «Forum» bei Radio SRF 1 waren:
- Barbara Steinemann, Nationalrätin SVP, Dielsdorf ZH
- Jürg Lüthi, Malermeister, Mühlethurnen BE