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Was steckt eigentlich in der Wurst drin?
Aus A point vom 11.05.2020. Bild: Betty Bossi
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Schweizer Kulturgut Warum uns die Wurst nicht wurst ist

Für viele Schweizer ist die Wurst mehr als ein Nahrungsmittel: Die Wurst ist für uns ein Stück Heimat. Kein Wunder hat jede Region ihre Extrawurst.

Wenn Sie ans Grillieren am Waldrand denken, an was denken Sie? Gäbe es keine Würste, wäre Ihnen das wurst? Erinnern Sie sich noch, als 2008 mangels Därmen aus Brasilien das Aus der Nationalwurst Cervelat drohte? Die Wurst wurde gar zum Politikum. Wurst ist eben auch Heimat. Die Wurst ist Teil unserer Kultur.

Die Geschichte der Wurst

Die Wurst hat bekanntlich zwei Enden, doch wo liegt ihr Anfang? Die ältesten bekannten Innschriften zur Wurst sind 7000 Jahre alt und stammen aus Ägypten. Auch Odysseus und seine Mannen stärkten sich auf ihrer Irrfahrt mit Würsten. «Hier sind Ziegenmagen, mit Fett und Blute gefüllet», steht im 18. Gesang von Homers Epos geschrieben.

Was ist eine Wurst?

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Laut Duden ist die Wurst ein Nahrungsmittel aus zerkleinertem Fleisch (mit Innereien, Blut) und Gewürzen, das in (künstliche) Därme gefüllt wird.

Wurst ist nicht Wurst

Der Schweizer Fleischverband unterscheidet in seinen Qualitätsleitsätzen zwischen drei Wurstgruppen, je nach ihrer Herstellungsweise.

Brühwurst

Beispiele: Cervelat, Kalbsbratwurst, Berner Zungenwurst, Wienerli, Lyoner

Rohwurst

  • Schnittfeste Rohwurst: Salami, Landjäger, Salsiz
  • Streichfähige Rohwurst: Mettwurst, Teewurst
  • Rohwurst mit abgebrochener Reifung: Boutefas, Saucisse aux choux, Luganighe

Kochwurst

Beispiele: Leberwurst, Blutwurst

Die Wurst sei die älteste Art, ein Lebensmittel haltbar zu machen, erklärt Autor Fritz von Gunten. Er beschäftigt sich seit Jahren mit der Wurst als Kulturgut und hat dazu auch ein Buch publiziert.

Die Wurst war die erste Erfindung im Kampf gegen Foodwaste.
Autor: Fritz von GuntenAutor und Kulturförderer

Würste ass man auch in der Schweiz. Bereits im Mittelalter gab es ein reichhaltiges Sortiment. Allerdings war das Wursten gemäss zünftigem Recht ein Privileg der Bräter. Eine richtige Renaissance des Wurstens erlebte die Schweiz 1874. Die Gewerbefreiheit wurde in der Bundesverfassung verankert. Die Metzger wurden von der Zunftpflicht befreit und konnten loswursten.

Jedem seine Extrawurst

2019 gingen laut der Branchenorganisation Proviande 42'581 Tonnen Wurstwaren über den Ladentisch. Das sind knapp fünf Kilogramm Wurst pro Einwohner. Wieviele Würste zusätzlich in der Gastronomie verspiesen wurden, ist nicht erhoben.

In der Schweiz gibt es mit mindestens 400 Wurstsorten eine grosse Wurstdichte. Cervelat, Bratwurst und Mini-Pic isst man im ganzen Land. Doch jede Region hat auch ihre eigenen Wurstspezialitäten: In Bern isst man Zungenwurst, die St. Galler verehren ihre Bratwurst und die Beinwurst gibt es nur in Graubünden. Letztere widerlegt übrigens die berühmte Redewendung, denn sie hat kein Ende. Sie ist eher ein Klumpen.

Die Wurst ist ein Spiegelbild unserer Vielfalt, des Schweizer Föderalismus. Jeder hat seine Extrawurst.
Autor: Fritz von GuntenAutor und Kulturförderer

Würste sind regionale Spezialitäten. Fritz von Gunten sprach in allen Kantonen mit Metzgern, Historikern und Touristikern, auf der Suche nach Wurstgeschichten und Wurstbräuchen.

Das Waadtland zum Beispiel soll seine berühmte «Saucisse aux choux» dem deutschen Kaiser Karl dem Dicken zu verdanken haben. Der Monarch habe bei einem Aufenthalt in Orbe (VD) so viel gegessen, dass das Fleisch knapp wurde. Deshalb sei ein Bürger der Stadt auf die Idee gekommen, das Wurstfleisch mit Weisskohl zu strecken.

Die Wurst als Symbol

Die Wurst habe auch die kirchenpolitische Landschaft unseres Landes mitgeprägt, erzählt von Gunten, während der Reformation. In der vorösterlichen Fastenzeit, in welcher der Fleischkonsum eigentlich untersagt war, wurde die Wurst zum provozierenden Symbol. Kein geringerer als Huldrich Zwingli habe in Zürich das bewusste Wurstessen und Fastenbrechen gutgeheissen, als Zeichen der Auflehnung gegen die Obrigkeit.

Die Wurst war ein Symbol für die Auflehnung gegen die Obrigkeit.
Autor: Fritz von GuntenAutor und Kulturförderer

Die Wurst ist also weit mehr als Nahrung. Es gebe nichts besseres als eine handfeste Wurst, um bei Anlässen mit Anderen ins Gespräch zu kommen und um etwas über Land und Leute zu erfahren. Die Wurst sei ein Stück vom Volk, meint von Gunten. Vielleicht auch darum finden wir die Wurst auch so oft in unserer Alltagssprache wieder. Ist das Ihnen eigentlich Wurst? Dann lesen Sie nicht weiter.

À Point, 11.5.2020, 11:40 Uhr

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