Chaotisch, liebenswürdig, immer ein Lächeln im Gesicht, sehr ehrgeizig und sie sieht in jedem Menschen das Gute. Das ist Giulia Steingruber. So beschreibt zumindest ihre Mutter die ehemalige Kunstturnerin aus Gossau SG. Das bisherige Leben der mittlerweile 30-Jährigen ist geprägt von vielen Erfolgen, aber auch von sportlichen und privaten Tiefschlägen.
Giulia Steingruber wurde ausgelacht, als sie als Zwölfjährige sagte: «Ich will an die Olympischen Spiele.» Nur sechs Jahre später ging ihr Traum in London in Erfüllung.
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Bild 1 von 15. Giulia Steingruber wusste schon früh, was sie will. Bildquelle: zVg/Giulia Steingruber.
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Bild 2 von 15. Sie hat als Sechsjährige mit dem Kunstturnen angefangen. Bildquelle: zVg/Giulia Steingruber.
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Bild 3 von 15. Giulia Steingruber als Achtjährige. Sie habe nie beim Krafttraining geschummelt, dafür beim Ballett und tänzerischen Sachen. «Das fand sie nicht cool», sagt ihre erste Trainerin. Bildquelle: Screen SRF.
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Bild 4 von 15. Giulia Steingruber, das Multitalent. Als Kind hat sie auch Fussball gespielt. Heute noch sei sie eine begeisterte Skifahrerin und Snowboarderin, sagt ihre Mutter. Bildquelle: Screen SRF.
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Bild 5 von 15. Giulia Steingruber als 13-Jährige an der Schweizer Meisterschaft der Kunstturner in Olten. Sie war die grosse Überraschung: Die St. Gallerin erturnt sich in den Disziplinen Sprung und Boden jeweils Bronze. Insgesamt gewann sie zehn EM-Medaillen. Bildquelle: Keystone/Petra Eggenberger.
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Bild 6 von 15. Mit 14 verliess Giulia Steingruber (links) ihr Elternhaus und zog nach Magglingen BE, wo sie zur besten Kunstturnerin der Schweiz heranreifte. Bildquelle: Screen SRF .
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Bild 7 von 15. In Magglingen war sie mit der ehemaligen Turnerin Jennifer Graf befreundet. Bildquelle: Screen SRF.
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Bild 8 von 15. Giulia Steingruber bei der Preisverleihung als Sportlerin des Jahres 2013. Bildquelle: Keystone/Walter Bieri.
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Bild 9 von 15. 2016 gewinnt Giulia Steingruber als erste Schweizer Kunstturnerin an Olympischen Spielen eine Medaille. Bronze im Sprung in Rio. Bildquelle: Keystone/Laurent Gillieron.
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Bild 10 von 15. Giulia Steingruber und ihr Trainer Zoltan Jordanov können es nicht fassen, als bekannt wird, dass Giulia an den Olympischen Sommerspielen in Rio 2016 eine Medaille gewonnen hat. Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
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Bild 11 von 15. Rio 2016 am Strand von Ipanema. Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
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Bild 12 von 15. Nach den Olympischen Spielen reiste Giulia Steingruber mit Jennifer Graf zwei Monate durch Australien. Bildquelle: Screen SRF.
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Bild 13 von 15. Als Kunstturnerin musste Giulia Steingruber auch die schmerzlichen Seiten des Sports erfahren. Ohne Verletzungen kam auch sie nicht durch. Bildquelle: Keystone/Matthias Schrader.
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Bild 14 von 15. Blickfang – das Tattoo auf Giulia Steingrubers linkem Fuss. Bildquelle: Keystone/Walter Bieri.
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Bild 15 von 15. Giulia Steingrubers letzter grosser Auftritt an den Olympischen Spielen in Tokyo 2021. Etwas ungewohnt. Wegen Corona ohne Zuschauer. Bildquelle: Keystone/Ashley Landis.
Mit 14 verliess Giulia ihr Elternhaus und zog nach Magglingen. Die Jungsportlerin war in der Pubertät und fand es nicht schlimm, von zu Hause auszuziehen. Sie genoss die damit verbundenen Freiheiten und reifte zur besten Kunstturnerin der Schweiz heran.
Emotionale Achterbahnfahrt
Die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro waren für Giulia Steingruber eine Achterbahn der Gefühle. Als Fahnenträgerin für die Schweiz führte sie die Delegation bei der Eröffnungszeremonie an. Eine grosse Ehre für die Athletin.
«Das gab mir sehr viel Motivation und Kraft», sagt die Sportlerin drei Jahre nach ihrem Rücktritt vom Spitzensport. Sie bekomme jetzt noch Hühnerhaut, wenn sie daran denke.
Das war für mich die absolute Katastrophe.
Ein Tag vor dem Sprungfinal hat sich bei Giulia Steingruber eine mentale Blockade bei den Schrauben gemeldet. Man wisse dann nicht mehr, wo oben und unten ist in der Luft und das sei sehr gefährlich. «Das war für mich die absolute Katastrophe.»
Trotz mentaler Blockade aufs Podest
Und was hat Giulia Steingruber gemacht? Sie hat den Fokus auf sich gerichtet, das Hirn abgestellt und dem Körper vertraut. Mit diesem Rezept schaffte sie es als erste Schweizer Kunstturnerin aufs Podest. Zwei Tage nach der Bronzemedaille im Sprung stand der Bodenfinal an. «Ich war so müde und konnte es nicht mehr handeln», resümiert sie.
Sie stürzte gleich zu Beginn zweimal und verletzte sich dabei am Fuss. Der Schmerzen wegen hätte sie die Übung am liebsten abgebrochen. Doch das liess ihr Kopf nicht zu – schliesslich sei sie an Olympischen Spielen und wisse nicht, wann ihr das wieder gelingt.
Wenn man einmal eine Medaille gewinnt, dann wird das immer wieder erwartet.
Misserfolge hätte sie früher besser verarbeiten können als Erfolge, sagt Giulia Steingruber. Auch wenn letztere viel Schönes mit sich bringen, steige auch der Druck. «Wenn man einmal eine Medaille gewinnt, dann wird das immer wieder erwartet.» Dabei werde vergessen, dass Sportlerinnen und Sportler auch nur Menschen sind, denen Fehler passieren.
Freud und Leid im Sport kannte Giulia Steingruber schon. 2017 ereilte sie einen persönlichen Tiefschlag. Ihre Schwester Desirée starb mit 26 Jahren an den Folgen eines Lungeninfekts. Sie war seit Geburt körperlich und geistig behindert.
Desirée fehlt mir jeden Tag.
Trotzdem – wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt habe, hat sie es durchgezogen. «Das war für mich sehr beeindruckend, weil sie sich nicht äussern und mitteilen konnte», sagt Giulia Steingruber. Ihr sei es egal gewesen, ob sie eine Medaille gewonnen hat oder nicht. Wenn sie von Magglingen nach Hause gekommen sei, habe sie sofort reagiert, wenn sie Giulias Stimme hörte. «Wenn ich zurückdenke, was für ein fröhlicher Mensch sie war, die Positivität, die sie ausgestrahlt hat, das gibt mir extrem viel. Desirée fehlt mir jeden Tag.»