Die Schweiz muss ihre Steuerprivilegien für die grossen internationalen Konzerne abschaffen. Dies auf Druck aus dem Ausland. Der Bund rechnet mit Steuerausfällen von zwei Milliarden Franken im Jahr. Diese Ausfälle sollen sozial kompensiert werden. Jedes Jahr sollen zwei zusätzliche Milliarden in die AHV fliessen.
Am 19. Mai stimmen wir ab. Ist die Verknüpfung der Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) ein «Kuhhandel» wie die Gegner kritisieren oder ein «gutschweizerischer Kompromiss» wie die Befürworter sagen?
Gleich lange Spiesse für alle Firmen
Holding- und andere Spezialgesellschaften versteuern im Ausland erzielte Gewinne in den Kantonen kaum oder gar nicht. Dieses Steuerregime geriet nach der Finanzkrise unter Druck. Deshalb soll die umstrittene Steuerpraxis abgeschafft und im Gegenzug neue Vergünstigungen geschaffen werden.
Um als Wirtschaftsstandort attraktiv zu bleiben, wollen viele Kantone die Unternehmensgewinnsteuern für alle Firmen senken. Für den Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP) ist die Reform dringend notwendig: «Wenn diese Reform nicht kommt, haben wir in der Schweiz grosse Probleme», sagt er. «Die Steuerprivilegion stehen unter starkem Druck aus dem Ausland. Schwarze Listen drohen.» Das könne sich die Schweiz als Wirtschaftsstandort nicht leisten.
Seit Jahren fordern die EU und OECD die Abschaffung kantonaler Steuerprivilegien. Angesichts der Drohung, die Schweiz auf eine schwarze Liste nicht kooperativer Staaten zu setzen, lenkte der Bundesrat 2014 ein und verpflichtete sich zu Abschaffung der verpönten Steuerregimes.
Allerdings scheiterte die Unternehmenssteuerreform III vor dem Volk im Jahr 2017 klar. Das Parlament ergänzte deshalb die neue Steuervorlage mit einer AHV-Finanzspritze.
AHV in Nöten
Die AHV weist für das letzte Jahr ein Minus von 2,2 Milliarden Franken aus. Das Vorsorgewerk hat im letzten Jahr mehr Geld in Form von AHV-Renten an Pensionärinnen und Pensionäre ausbezahlt, als es unter anderem in Form von Lohnprozenten von Unternehmen und Angestellten eingenommen hat.
Paket geschnürt
Die Steuer- und AHV-Reform packt also gleich zwei Gross-Baustellen auf einmal an. Zwei Milliarden Franken pro Jahr sollen in die Altersvorsorge AHV fliessen. Bezahlen sollen der Bund, die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer. Bundesrat Ueli Maurer sprach von einem «kleinen Kunstwerk des politischen Kompromisses». Die CVP, die im Pro-Komitee ist, argumeniert mit «zwei Pluspunkten» für die Schweiz: «Rechtssicherheit für Firmen und Planungssicherheit für die AHV.»
Man kann sowohl über Gewinnbesteuerungen der Unternehmen, als auch über die Höhe der AHV-Finanzierung diskutieren. Tatsache aber ist, dass keine anderen Vorschläge derart mehrheitsfähig im Parlament waren, wie das bei der AHV-Steuervorlage der Fall ist.
Die Verknüpfung von zwei wichtigen Dossiers – Steuerpolitik und AHV-Reform – wird von den Gegnern jedoch aufs Schärfste kritisiert. SVP-Nationalrat Toni Bortoluzzi spricht von «einem politischen Murks». Tobias Vögeli (Junge Grünliberale), der Co-Präsident des Generationenkomitees, das aus Jungen Grünliberalen und der Jungen BDP besteht, kritisiert:
Dieses Mal sind es die Steuern und AHV, die vermischt werden. Das nächste Mal sind es das Rahmenabkommen und der Strassenausbau. Dieses Päckli stellt die Stimmbürger vor vollendete Tatsachen und ist wie «Vogel friss oder stirb».
Die bürgerlichen Komitees der Jungparteien sind überzeugt, dass die AHV-Spritze die Reform des Altersvorsorgewerks gefährdet, weil durch die finanzielle Unterstützung die Bereitschaft sinkt, grundsätzliche Reformen bei der Altersvorsorge durchzuführen. Darunter würde die junge Generation leiden.
Unterschiedliche Motive für ein Nein
Das Referendum ergriffen haben auch die Grünen und die Jungsozialisten (JUSO). Ihnen ist vor allem der Steuerteil ein Dorn im Auge. Mit der Steuerreform drehe die Wettbewerbs-Spirale zwischen den Kantonen weiter und der Mittelstand müsse die Zeche für die «Milliardengeschenke für die Konzerne» bezahlen.
Diskussion im «Forum»
In der Livesendung «Forum» diskutieren folgende Gäste mit Hörerinnen und Hörern:
- Pro: Heinz Tännler (SVP), Finanzdirektor Kanton Zug
- Contra: Tobias Vögeli (Junge Grünliberale), Co-Präsident Generationenkomitee
Unter anderem diskutieren wir die Fragen: Ist die AHV- und Steuerreform der bestmögliche Kompromiss? Oder ein Deal auf Kosten der Jungen? Ist die Verknüpfung der zwei grossen Dossiers zulässig?