Freude herrscht
Paavo Järvi wird wohl einzige Chefdirigent von Weltrang gewesen sein, der die ersten zwei Jahre seiner Amtszeit in einer Interimsspielstätte verbracht hat. Einer Interimsspielstätte freilich, die besser klang als so manch etablierter Konzertsaal. Aber die akustischen Möglichkeiten der Tonhalle Maag waren für Järvi dann doch zu begrenzt. Also: Freude herrscht.
Der «PJ»-Effekt
Schon bei seinem Antrittskonzert im Herbst 2019 war er da, der «PJ»-Effekt: Das Tonhalle-Orchester Zürich klang unter den präzis formenden Händen Paavo Järvis wie an ein Starkstromkabel angeschlossen. Eine eindrückliche Wirkung, die sich in den zurückliegenden zwei Jahren nur noch verfestigt hat. Und genauso einen wie ihn braucht ein Orchester, um auch künstlerisch durch eine Zeit voller Unvorhersehbarkeiten getragen zu werden. Denn der weltläufige Este Paavo Järvi strahlt mit jeder Geste nicht nur entspannte Souveränität aus, dank seines ausgeprägten Teamverständnisses überträgt sie sich auch auf seine Musikerinnen und Musiker.
Der «See» am See
Schon lustig, dass der Name Järvi auf Estnisch ausgerechnet See bedeutet. Järvi fühlt sich nämlich allem verbunden, was mit Wasser und Natur zusammenhängt, da sei er ganz typischer Este. Und der Zürichsee mit seiner atemberaubenden Alpenkulisse war wohl auch ein nicht ganz unwesentlicher Entscheidungsfaktor, um den Zürcher Chefposten anzunehmen.
Durch den Umzug vom Maag-Areal ins fertig renovierte Stammhaus reduziert sich die Strecke zum See erheblich, und Paavo Järvi braucht nicht einmal den vielbefahrenen General-Guisan-Quai zu überqueren, um sich vom See-Panorama inspirieren zu lassen: Die «neue» Alte Tonhalle verfügt jetzt nämlich über eine hochattraktive Aussenterrasse, die das erlesen renovierte Innengebäude mit Foyer und Sälen ideal ergänzt.
Die luftige und wesentlich heller wirkende Grosse Tonhalle mit neuer Orgel und neuem Konzertpodium – sie wurde von Dirigent und Orchester kürzlich ausgiebig auf ihre Akustik getestet. Das Ergebnis sei einfach nur beglückend, sagt Paavo Järvi, «der Saal klingt wirklich fantastisch». Wovon sich das Publikum am 15. September selbst wird überzeugen können, dann eröffnen Paavo Järvi und das Tonhalle-Orchester Zürich die Grosse Tonhalle und neue Saison mit Mahlers 3. Sinfonie.
Das bombastische «big sound»-Erlebnis ist damit vorprogrammiert, zumal Järvi für die anstehende Saison die Aufführung aller Bruckner-Sinfonien plant, die dann auch auf Tonträger erscheinen sollen.
Wie fragil und anfällig alles Planbare ist, haben Dirigent und Orchester – haben wir alle – erlebt.
Für den 11. März vergangenen Jahres hatten die Programmverantwortlichen von Radio SRF 2 Kultur kurzfristig die Übertragung eines Tonhalle-Orchester-Konzerts ins Programm genommen. Ich als Moderatorin freute mich insbesondere auf das Live-Interview mit Paavo Järvi.
Ich warte am Bahnsteig auf den Zug nach Zürich, dann der Anruf: «Das Konzert ist abgesagt.» Ein Orchestermitglied ist positiv auf Covid-19 getestet worden. Fühlte sich an, wie in voller Fahrt gegen eine Wand zu fahren.
Umso grösser meine Freude, zwei Tage vor der offiziellen Tonhalle-Wiedereröffnung nachzuholen, was im letzten Jahr nicht gelang: Paavo Järvi zu interviewen, ihm vor Publikum all die Fragen stellen zu können, die ich seinerzeit schon vorbereitet hatte. Unter anderem die, ob er den See nicht nur anschaut, sondern inzwischen auch drin geschwommen ist.
Das Reiseprogramm:
- Individuelle An- und Rückreise
- 17.30 Uhr
Türöffnung - 18 Uhr
Exklusives Gespräch mit Paavo Järvi in Englisch vor Publikum moderiert von Patricia Moreno, Kleine Tonhalle, Tonhalle Zürich - 18.45 Uhr
Anschliessend besteht die Möglichkeit, das Foyer und den Konzertsaal selbständig mit einem Audioguide zu besichtigen. - ca. 19.15 Uhr
Ende der Veranstaltung