Stolz steht Herbert Bruderer in einem Lesesaal der ETH Bibliothek an einem Tisch und zeigt stolz zwei Kästchen, die vor ihm stehen. Das eine Kästchen sieht aus wie eine grosse Zigarrenkiste aus Holz oder ein edler Brotkasten – das andere erinnert an eine Musikspieldose.
Die beiden Kisten sind Rechenmaschinen. Bruderer hat sie Ende Januar entdeckt, als er in der Datenbank der ETH-Kulturgütersammlung nach Rechenschiebern und Rechenstäben suchte. Da fielen ihm spezielle Einträge auf: «Rechenmaschine» und «Schwilg».
Informationen zu den einzigartigen Fundstücken
Hinter den ziemlich nichts sagenden Datenbank-Einträgen versteckte sich eine grosse Überraschung. Die zwei Geräte, die da im Keller der ETH in Vergessenheit geraten waren, sind weltweit einzigartig. Vor allem die Rechnenmaschine, die aussieht wie eine grosse Musikspieldose und deren Namen in der Datenbank falsch geschrieben war. Ihr Erfinder heisst nicht «Schwilg», sondern Schwilgué.
Sensationelle Entdeckung
Diese Maschine ist wissenschaftlich eine Sensation. Bruderer geht davon aus, dass es weltweit nur vier Geräte gibt. Mehr Informationen hat er nicht. Keine Unterlagen, wie viele Geräte hergestellt wurden und wer sie gebraucht hat. Alles ist Spekulation.
Über die andere Maschine, den Brotkasten, weiss Herbert Bruderer lediglich, dass es ein Thomas-Arithmometer aus Colmar ist: die erste erfolgreiche industriell gefertigte Rechenmaschine. Sie ist ebenfalls wie die «Schwilgué» sehr selten und weitgehend unbekannt. Bruderer geht davon aus, dass das Exemplar, wie er es an der ETH gefunden hat, weltweit das wohl besterhaltenste Exemplar ist.
Rätsel aus der Vergangenheit
Wie die Rechenmaschine genau funktioniert, weiss er nicht. Bedienungsanleitungen gibt es keine. Wie man konkret mit den Schiebern und der Kurbel eine Addition rechnet, weiss niemand. Auch alle namhaften Experten und weltweiten Museen, die Bruderer bis heute angefragt hat, konnten ihm nicht weiterhelfen. Zeitzeugen gibt es im Fall der beiden über 150jährigen Rechenmaschinen natürlich nicht mehr.
Das Wissen über unsere frühe Computertechnik stirbt aus. «Es gibt viele offene Fragen, die wir ohne Zeitzeugen nicht mehr beantworten können», sagt Bruderer. Und so gehe sehr viel Wissen verloren – oder sei es bereits.