Modelleisenbahn: Besser I-Se-Bähnle mit digitalen Steuerungen
Es gibt zwei Arten von Modelleisenbähnlern: Zum einen die Landschaftsgärtner, die ihre ganze Anlage möglichst vorbildgetreu bauen wollen. Ihr Herz schlägt für die Miniversion des Kreisviadukts Brusio oder für kleine Bäche, durch die echtes Wasser fliesst. Und dann gibt es die Techniker, die all ihre Energie in die perfekte Zugsteuerung stecken. Für sie ist die Digitalisierung paradiesisch, sie profitieren am meisten davon.
Dominik «Teddy» Mahrer ist Techniker. Seine Modelleisenbahn belegt fast ein ganzes Zimmer in seiner Wohnung in Birmensdorf. Die Gleise hat er mit aufgestapelten Büchern, Legosteinen und Kartonkisten abgestützt – vieles wirkt improvisiert. Raffiniert nachgebaute Sandstein-Brücken aus dem 19. Jahrhundert oder Miniaturhäuser sucht man hier vergebens. «Ich bin Techniker. Mich fasziniert, welcher Zug wann wo fährt, darauf lege ich wert», sagt er.
Sein Stellwerk ist ein Monitor, der an der Wand aufgehängt ist. Darauf bewegt er den Mauszeiger auf ein Menü und klickt «Alle Züge fahren». Auf Kommando setzen sich mehrere Loks in Bewegung, die nebeneinader auf den Gleisen stehen. Einige fahren zügig los, andere bremsen nochmals ab, je nachdem, welche Gleise frei sind und welche nicht.
Das alles geschieht wie von Geisterhand. Dominik Mahrer schaut einfach zu – gelenkt werden die Züge von Rocrail, einer Open-Source-Software zur Steuerung von Modellbahn-Anlagen.
Es ist ein Paradies für Techniker.
Damit alles zuverlässig funktioniert, hat Dominik Mahrer seine Gleise in Abschnitte eingeteilt. Der Bähnler spricht von «Blocks».
In jedem Block sind Sensoren eingebaut, die dem digitalen Stellwerk melden, wenn ein Zug sich im Abschnitt aufhält und wann nicht. Daraus berechnet die Software, wie die Züge fahren können, ohne dass sie Gefahr laufen, eine Kollision zu verursachen.So ein Blocksystem verwendet auch die SBB für ihre Zugsicherung. Der digitale Modelleisenbähnler ist heute in Sachen Steuerung also sehr nah am grossen Vorbild dran.
Die Software steuert auch die Weichen so, dass es zu keinen Zusammenstössen kommt. Und sie gibt den einzelnen Loks Befehle, loszufahren oder anzuhalten.
Lokomotiven reagieren auf Datensignale
Hier kommen Decoder zum Einsatz – Chips, die in jede Lok eingebaut werden. Die Steuersoftware speist digitale Befehle in den Strom, der die Loks antreibt. Die Decoder filtern aus diesem Datenstrom jene Informationen heraus, die an sie adressiert sind. Die Steuerungssoftware kann so also jede einzelne Lok ansprechen und ihr Fahr- und Haltebefehle geben.Völlig unabhängig von den anderen Zügen. Das ist etwas, das in der analogen Zeit kaum oder nur mit riesigem Aufwand möglich war. Und es ist der Hauptvorteil der Digitalisierung bei Modelleisenbahnen.
Dank der Kommunikation mit jedem Zug ist es nun auch möglich, dass jede Lokomotive in ihrer eigenen Charakteristik beschleunigt und bremst. Eine Dampflok beschleunigt langsamer als eine kleine Güterlok zum Beispiel.
Jede Lokomotive auf einer Modelleisenbahnanlage besitzt ihr eigenes digitales Profil. Auch für den passenden Sound. Das macht Sinn: Schliesslich tönt ein TGV-Antriebsaggregat anders als eine Dieselok aus den 1940er-Jahren.
Steuern kann der Modelleisenbähnler dies alles von seinem digitalen Führerstand aus. Dominik Mahrer hat dazu einen PC mit Open Source-Programm gewählt. Das ist für den Tüfftler die richtige Lösung, weil er damit alles machen kann, was er möchte. Weniger technisch begabte Personen können aber auch auf eine vielzahl fertiger Produkte zurückgreifen. Schnäppchen sind diese digitalen Steuerungen nicht – sie kosten schnell tausend und mehr Franken. Dominik Mahrer schätzt seine Investitionen auf etwa 20'000 Franken.
Aber teuer war dieses Hobby ja schon immer, mit oder ohne Digitalisierung.
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Bild 1 von 15. Mit einem einzigen Klick kann Dominik Mahrer die Züge starten. Bildquelle: Reto Widmer / SRF.
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Bild 2 von 15. Trackball und Computertastatur: Das Stellwerk des digitalen Modell-Eisenbähnlers. Bildquelle: Peter Buchmann / SRF.
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Bild 3 von 15. Die ganze Anlage im Überblick: Die Software Rocrail ist ein digitales Stellwerk. Bildquelle: Reto Widmer / SRF.
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Bild 4 von 15. Zug neben Zug: Die digitale Steuerung kann jede Lok einzeln ansteuern. Bildquelle: Peter Buchmann / SRF.
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Bild 5 von 15. Kabel, wohin das Auge reicht ... Bildquelle: Reto Widmer / SRF.
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Bild 6 von 15. ... und Züge. Bildquelle: Reto Widmer / SRF.
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Bild 7 von 15. An dieser Stelle wird das Gleis in zwei Blöcke getrennt. Bildquelle: Reto Widmer / SRF.
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Bild 8 von 15. Wenig Kabel für viel Steuerinformation: Von hier aus wird die ganze Anlage geregelt. Bildquelle: Reto Widmer / SRF.
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Bild 9 von 15. Alles vernetzt: Eine Steuereinheit der digitalen Modelleisenbahn-Anlage. Bildquelle: Reto Widmer / SRF.
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Bild 10 von 15. Die digitalen Organe der Steuerung offenbaren sich bei einem Blick unter die Anlage. Bildquelle: Reto Widmer / SRF.
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Bild 11 von 15. Ein ICE fährt in einen neuen Block ein. Bildquelle: Reto Widmer / SRF.
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Bild 12 von 15. Dank digitaler Steuerung brennen die Lichter in den Wagen auch bei einem stehenden Zug, da Strom auf den Schienen nicht mehr automatisch bedeutet, dass die Lok fährt. Bildquelle: Reto Widmer / SRF.
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Bild 13 von 15. Es gibt zwei Typen von Modelleisen-Bähnlern: Die Landschaftgärtner – und die Techniker, bei denen naturgetreue Nachbauten erst an zweiter Stelle kommen – nach der Steuerung. Bildquelle: Reto Widmer / SRF.
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Bild 14 von 15. Kartons statt Matterhorn: Hauptsache, die Züge fahren - und die Steuerung ist perfekt. Bildquelle: Peter Buchmann / SRF.
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Bild 15 von 15. Top of Switzerland: Der SBB-Neigezug als Modell. Bildquelle: Reto Widmer / SRF.