Noch vor ein paar Jahren waren Pflege-Roboter in Käsereien nicht häufig anzutreffen. Käser aber auch nicht. «Niemand wollte mehr den Beruf lernen, weil er einfach zu anstrengend war – und zu ungesund», erklärt Jacques Ecoffey, als ich mit ihm den grossen Reife-Keller in Gruyères betrete. Der Keller ist riesig. Er besteht aus mehreren Gängen, 20, 30 Meter lang. Links und rechts sind Regale mit übereinander gelagerten Käselaiben, über 30 Stück passen übereinander. Das ergibt einen Käseturm von über sechs Metern Höhe. Ein beissender Geruch von Ammoniak schlägt uns entgegen.
Keine Arbeit für Menschen
Man gewöhne sich schnell daran, relativiert Ecoffey, einer der beiden Meister-Käser in Gruyères. Er hat recht: Schon nach fünf Minuten bemerke ich den Geruch nicht mehr. Ans Gewicht der Käse-Laiber aber gewöhnt sich kein menschlicher Rücken: Gut 35 Kilo schwer ist so ein Käse, zu Beginn der bis zu 15 Monate dauernden Reifezeit muss er täglich gewendet und mit einer Salzlake eingerieben werden. Nach einigen Monaten bis vor dem Verkauf dann «nur» noch einmal pro Woche.
Das ist keine Arbeit für Menschen, sondern für einen Roboter, der nie einen Rückenschaden davontragen wird – und dem von der monotonen Arbeit auch nie langweilig wird. Ein wichtiger Grund, wieso die Käserei in Gruyères schon vor rund 15 Jahren einen Pflege-Roboter für den Käse angeschafft hat, das aktuelle Modell ist bereits die zweite Generation aus dem Jahr 2011.
Bis zu 120 Laibe – in der Stunde
Der Roboter ist in der Mitte des Ganges am Arbeiten: Er erinnert an einen grossen Gabelstapler in einem Lagerhaus. Dort, wo bei einem Stapler die «Gabel» ist, hat der Käse-Roboter ein flaches Förderband, mit dem er unter einen Käse-Laib fahren und ihn herausziehen kann. Dann deponiert er ihn auf auf einem Drehtisch im Roboterkörper. Nun erscheint von oben und von der Seite eine Bürste, der Teller beginnt sich zu drehen, der Käse wird abgebürstet und mit Salzlake eingesprüht.
Während der Behandlung holt der Greifarm des Roboters bereits den nächsten Käse aus dem Regal. 120 Laibe kann die Maschine so pflegen – pro Stunde. Ein geübter und kräftiger Käser schafft maximal 60, aber nicht ohne Pause.
Käser werden nicht ganz überflüssig
Der Käse-Roboter kostete mehrere 100'000 Franken. Dafür macht er in Gruyères die Arbeit von etwa fünf Angestellten. Damit er weiss, welche Käse er in welchen Reihen und Regalen wie oft wenden muss, programmiert Ecoffey den Roboter vor seinem Einsatz über einen leichtgewichtigen Tablet-Computer. Im Gang herumfahren kann der Roboter dann alleine: Er orientiert sich mit einem Laser an einer Stahlleiste im Boden. Ultraschallsensoren sagen ihm zudem, welche Fächer mit einem Käse belegt sind – und welche nicht.
Jacques Ecoffey bleibt nun mehr Zeit, sich um die Qualität seines Käses zu kümmern. Der wird streng bewertet. «20 Punkte sind das Maximum – diese Punktzahl versuchen wir zu erreichen!» sagt mir Jacques Ecoffey stolz. Und das erzählt er auch gerne den Besuchern, die in der Hochsaison in Scharen in Bussen vorfahren, um die Schaukäserei zu besichtigen.