Das Technologie-Magazin «ars technica» ist eigentlich bekannt für genau recherchierte und ausgewogene Analysen. Die überschwängliche Besprechung des Smartphones Mi4 vom chinesischen Herstellers Xiaomi lässt deshalb aufhorchen: Das renommierte Online-Magazin lobt alles an dem Gerät, von den technischen Komponenten über die Fertigung bis zum Bildschirm und der Software. Als ob das alles nicht schon genug wäre, wird das Gerät auch noch zu einem unschlagbaren Preis verkauft. Einer der wenigen Wermutstropfen: Das Handy ist in den USA und in Europa nicht erhältlich.
Erfolg zu Hause
Dafür ist Xiaomi im chinesischen Markt um so erfolgreicher. Der Konzern konnte die Zahl der verkauften Geräte im Verlaufe des letzten Jahres mehr als verdreifachen und belegt nun weltweit hinter Samsung und Apple den dritten Platz als Smartphone-Produzent.
In China ist Lei Jun, Gründer und CEO von Xiaomi, ein Star. Er wird oft mit Steve Jobs verglichen, weil auch er mit seinen zahlreichen Firmen vieles in der IT-Szene in Bewegung gebracht hat und äusserst erfolgreich ist. Forbes schätzt das Vermögen des 45-Jährigen auf rund 9 Milliarden Dollar.
Lei Jun gefällt sich in der Rolle eines Steve Jobs: Er imitiert die Auftritte des legendären Apple-Gründers bis ins Detail. Bei Präsentationen trägt er den gleichen schwarzen Rollkragenpullover zu Jeans und ahmt die Gestik seines Vorbildes nach. Die Aufmerksamkeit der Medien ist ihm so gewiss, doch es bleibt nicht nur bei einer Show. Die angekündigte Verdoppelung der verkauften Geräte binnen eines Jahres hat Lei Jun noch übertroffen.
Dabei blickt der Konzern auf eine kurze Geschichte zurück. Xiaomi Tech wurde erst vor vier Jahren gegründet. Zu den Investoren gehören ein Staatsfond aus Singapur und der Chip-Produzent Qualcom neben chinesischen Venture-Kapitalisten. Bereits ein paar Monate nach der Gründung brachte Xiaomi das erste Smartphone auf den Markt, das wie die aktuellen Geräte auf dem Android-Betriebssystem von Google basiert. Die Software wurde jedoch von Xiaomi angepasst und verbessert, wie «ars technica» mit Staunen feststellt: Die Xiaomi Android-Version laufe schneller und flüssiger als das Original von Google.
Die Konkurrenz hat das Nachsehen
Der Erfolg des chinesischen Startups wird zum Problem für den Marktführer: Samsung, weltweit die Nummer eins, musste gestern einen drastischen Gewinneinbruch von 50 Prozent für das dritte Quartal bekanntgeben. Grund dafür: Der Marktanteil ist weltweit von 33 Prozent auf 25 Prozent zurückgegangen.
Der koreanische Elektronik-Konzern ist zwar immer noch die Nummer eins bei den Smartphone-Herstellern und der Abstand zum chinesischen Konkurrenten Xiaomi ist riesig. Doch die Chinesen haben durchaus noch Potential. Die Firma bedient zur Zeit vor allem den Heimatmarkt, erste Versuche mit dem Export in Schwellenländer wie Indien sind am Laufen. Vor einem Jahr haben die Chinesen jedoch einen strategischen Coup gelandet: Mit Hugo Barra, damals Vizepräsidenten der Android-Division bei Google, haben sie einen Manager an Bord geholt, der bei der Expansion in neue Märkte eine wichtige Hilfe sein könnte.
Kopieren wird zum Hindernis
Bevor Xiaomi seine attraktiven Produkte aber in die USA exportieren kann, muss die Firma noch einmal über die Bücher. Laut «ars technica» ist das Design des aktuellen Smartphones so stark an das iPhone angelehnt, dass die Chinesen auf dem amerikanischen Markt in einer Flut von Klagen untergehen würde, ist das online Magazin überzeugt. Und warnt gleichzeitig: Wenn dieses Problem einmal gelöst ist, muss sich die Konkurrenz in Acht nehmen – nicht nur die koreanische.