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Games «Planet Coaster»: Meditieren über die ideale Achterbahnkurve

«Planet Coaster» ist der geistige Nachfolger der «RollerCoaster Tycoon»-Serie – und den Vorgängern mehr als würdig. Zwar ist der Einstieg harzig, doch bald verlieren wir uns in der schönen, meditativen Welt des Achterbahnbaus. Hier noch einen Baum hinstellen, dort eine Kurve ziehen: wunderbar.

«Planet Coaster» ist ein Feel-Good-Game. Die Farben sind freundlich, die Figuren darin auch, schliesslich geht es um Vergnügungsparks, die Verkörperung der guten Gefühle. Mein Avatar in dieser bunten Kulisse ist ein fröhliches Mädchen mit grünem T-Shirt, Sternenbrille und Piratenhut. In dieser Welt bauen und verwalten wir also Vergnügungsparks mit Achterbahnen, Karussells und Burgerbuden.

Der Titelbildschirm
Legende: Drei Modi stehen uns zur Auswahl: Challenge, Sandbox, Career. Sandbox

Zu Beginn schlägt mir aber ein eisiger Wind entgegen: Die ersten zwei Stunden verbringe ich damit, mich im Game zurecht zu finden. Wie funktionieren «Priority Booths»? Warum habe ich in meinem Vergnügungspark ständig ein Problem mit Müll? Wie baue ich schöne Tunnels für meine Achterbahn? Die vielen Details, die sich regeln lassen und die ich erst entdecken muss, überfordern mich – nützliche Tutorials gibt es nicht. Ein, zwei Stunden später habe ich aber den Bogen raus und tauche in das Game ein.

Das Managment-Game: Überzeugt

«Planet Coaster» ist in zwei Bereiche geteilt: Im «Challenge»-Modus bauen und verwalten wir einen Vergnügungspark. Wir lösen Aufgaben, möbeln einen schlecht laufenden Themenpark auf oder bauen einen möglichst ökologischen Park. Der «Career»-Modus verläuft ähnlich – dort versuchen wir, eine Tellerwäscher-Karriere als Themenpark-Bauerin hinzulegen.

Das funktioniert nach den klassischen Regeln des Aufbau- und Strategiespielgenres: Unsere Mittel sind begrenzt, per Forschung können wir neue Bahnen und Stände erhalten. Marketing-Kampagnen ziehen mehr Besucherinnen und Besucher an. Soweit, so generisch. Doch «Planet Coaster» lässt uns auch hier noch mehr Nähe zu unserem Park und den Menschen darin aufbauen.

Die Gedanken der Lydia Archer.
Legende: Lydia Archer gefällt's. Screenshot SRF

Zum einen erhalten wir detailliert Auskunft darüber, was alle Personen im Park fühlen und vorhaben. Besucherin Lydia Archer macht es zum Beispiel nichts aus, für die «High Seas»-Achterbahn anzustehen. Cosmic Cow, die Entertainerin, liebt ihren Job. Papa Daniel McAdams muss dringend aufs Klo. Eine Übersicht zeigt uns zudem, wie viele der Leute im Park gerade denselben Gedanken teilen.

Zum anderen können wir wirklich in unseren Themenpark eintauchen: Die Kamera zeigt uns nicht nur das Geschehen von oben, sondern wir können durch die Menschenmengen hindurchspazieren und sogar auf den Bahnen mitfahren – in der ersten Reihe. Wer also die lokale (reale) Chilbi verpasst hat, kommt in «Planet Coaster» voll auf seine Kosten!

Bauen nach Herzenslust

Im «Sandbox»-Modus entfaltet «Planet Coaster» aber seine wahre Stärke: Es gibt keine Grenzen, wir können bauen, was wir wollen. Riesige Achterbahnen, neue Stände – alles ist möglich. Also los!

Eine grüne Wiese und viele Achterbahnwagen.
Legende: Die Auswahl an Achterbahnentypen ist gross. Natürlich wähle ich «Basilisk». Screenshot SRF

Als Baslerin muss ich natürlich die Basler Herbstmesse nachbauen und erstelle nach diesem Vorbild meinen ersten Vergnügungspark. Bald verliere ich mich im Game, baue hier noch einen Pfad, stelle dort einen Baum hin, eröffne eine Bahn nach der anderen, im Hintergrund plätschert die fröhliche Musik von «Planet Coaster». Wer hätte gedacht, dass Achterbahnbauen so meditativ sein kann!

Die Krönung: Achterbahnbauen

Natürlich wage ich mich auch an die Chilbi-Krönung und baue meine erste eigene Achterbahn («Basilisk 1»). Lerne alles vom «Bretzel-Loop» bis hin zum «Dämonischen Knoten». Ich probiere mich durch möglichst viele irrwitzige Elemente, ohne Rücksicht auf Verluste: Nachdem ich alle Bauvarianten durchprobiert habe, starte ich einen ersten Testlauf. Eine Heatmap zeigt mir danach, wie sich potentielle Besucherinnen und Besucher auf meiner Bahn fühlen würden, ob ihnen schlecht wird, sie Angst haben oder aufgeregt sind.

Eine rote Achterbahn - rot = übel
Legende: Den Leuten wird's auf meiner Achterbahn sehr, sehr schlecht (rote Bereiche). Screenshot SRF

In meinem Fall kotzen sie sich die Gedärme aus dem Leib, anders lässt es sich nicht ausdrücken.

Nun ja.

Eine neue Bahn muss her, «Basilisk 2», diesmal nach dem Motto «Bauen, testen, bauen, testen» – und ich werfe einen Blick in den «Steam Workshop». Denn «Planet Coaster» ermöglicht es uns, alles selbst Geschaffene mit anderen zu teilen. Wir können uns also Themenparks, Bahnen und Buden von anderen Spielerinnen und Spielern anschauen und selber weiter verwenden. So können wir sozusagen von den Profis lernen.

Der würdige Nachfolger von «RollerCoaster Tycoon»

«Planet Coaster» ist nicht das erste Game im Genre der Themenparksimulationen, doch das erste seit langem: Nach «Theme Park» (1994) machte «RollerCoaster Tycoon» aus Schottland anno 1999 so richtig den Anfang. 2004 folgte dessen dritter Teil. Mehr als zehn Jahre später wurde «RollerCoaster Tycoon World» angekündigt. Dieser vierte Teil der Serie ist nun ebenfalls im November 2016 herausgekommen, beinahe zeitgleich zu «Planet Coaster».

Das Pikante daran: «Planet Coaster» stammt vom Gamestudio «Frontier Developments», das bei der «RollerCoaster Tycoon»-Serie vor allem «RollerCoaster Tycoon 3» mitentwickelt hat. Nun haben sie mit «Planet Coaster» sozusagen das Konkurrenzprodukt entwickelt – und es überzeugt. Die Meinungen zum fast gleichzeitig erschienen Konkurrent «RollerCoaster Tycoon World» sind dagegen durchs Band negativ . Häufig wird auch gleich direkt auf das bessere «Planet Coaster» verwiesen. Die Serie, die das Genre der Themenparksimulation begründet hat, ist also so gut wie hinüber – und die Ehemaligen haben die Führung übernommen.

Zwar habe ich den neuen Nachfolger der ursprünglichen Serie – «Roller Coaster Tycoon World» – nicht gespielt. Ich schliesse mich aber den positiven Stimmen zu «Planet Coaster» noch so gerne an: Wer die Einarbeitungszeit überstanden hat, kann seine gesamte Kreativität im «Sandbox»-Modus ausleben. Der Bau von neuen Achterbahnen und Landschaften geht bald intuitiv von der Hand. Und das Schönste: Am Schluss das eigene Werk betrachten, den Besucherinnen und Besuchern beim Spasshaben zuschauen und ab und zu auf der «Basilisk 2» mitfahren. Im ersten Sitz!

«Planet Coaster» läuft auf Windows, es gibt keine Altersbeschränkung.

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