Ich kann es kurz machen: «Far Cry 4» spielt sich wie «Far Cry 3». Ausgabe 3 war grossartig. Also ist auch Ausgabe 4 grossartig.
Neues gibt es dennoch, zunächst einmal eine wunderschöne neue Welt zum Entdecken. Schaut nur:
Ausserdem könnt ihr auf Elefanten reiten. 10/10.
Also gut, ich kann es natürlich nicht dabei belassen. Hier die lange Version.
«Far Cry 4» ist ein Schiesspiel, angesiedelt in Kyrat, einem fiktiven Land im Himalaya. So eine Mischung aus Nepal und Bhutan. Die grossen Achttausender am Horizont, Gebetsfahnen, Tempel, Täler, weiss-schaumige Bergbäche. Kyrat ist von Dschungel überzogen, und dort streicht allerhand Getier umher, vom Honigdachs über Tiger und Leopard bis zum Nashorn.
Wie in der «Far Cry»-Serie üblich können wir eine Geschichte verfolgen, wenn wir wollen, müssen aber nicht. Stattdessen können wir frei in der Welt umherstreifen, kleinere Aufgaben für Einwohner erledigen, wie beispielsweise einen Bauernhof von einem aggressiven Pack Honigdachse säubern.
Hoch zu Elefant Nashörner jagen
Hach, der Honigdachs! Dank dem Internet wissen wir ja schon lange, dass «Honey Badger don’t care», und genau so sind sie auch in «Far Cry 4»: Obwohl klein und niedlich, greifen sie uns furcht- und gnadenlos an. «Ha, look at that little guy bouncing around. You're almost too cute to kill, and what possible harm could a tiny... OH JESUS WHY WON'T IT DIE! GETITOFFME», schreibt Kotaku UK und hat damit sooo recht.
Tiere zu jagen gehört ohnehin zu meinen Lieblingstätigkeiten im Spiel. Wir tun das, um unsere Ausrüstung zu verbessern: Aus drei Wolfspelzen schneidern wir zum Beispiel einen verbesserten Waffengurt. Der erlaubt es dann, drei statt nur zwei Waffen gleichzeitig auf uns zu tragen, was die strategischen Optionen erweitert.
Und dann eben die Elefanten. Wir können sie reiten und angreifen, als eine Art lebendiger Panzer, der Autos wegstösst und Gegner zertrampelt. Oder hoch zu Elefant auf Nashorn-Jagd gehen. Falls man ein schlechtes Gewissen haben sollte: Nashörner gebe es dank eines Zuchtprogramms ganz viele in Kyrat, informiert uns das Spiel, und deshalb sei es total in Ordnung, die sonst bedrohten Tiere zu jagen. Ausserdem ist die Nashorn-Jagd in «Far Cry 4» risikoreich, weil die Viecher nach ein, zwei Treffern nicht einfach umfallen, sondern uns im Gegenteil halb tot trampeln. Doch auf einem Elefanten sind wir sicher: Davor flüchtet das Nashorn, und wir reiten wild hinterher, trampeln Bäume nieder, quer durch den Wald und Dörfer, es ist glorreich.
Stützpunkte erobern
Karat befindet sich im Bürgerkrieg. Wir kämpfen auf der Seite des Goldenen Pfades, einer Rebellengruppe, die sich gegen den Tyrann Pagan Min und seine Armee erhoben hat. Verteilt über das Land gibt es Fabriken oder kleine Siedlungen, die von ein paar Soldaten dieser Armee bewacht werden. Wenn wir diese Stützpunkte erobern, vertreiben wir die Armee damit aus diesem Gebiet und stärken den Goldenen Pfad.
Damit habe ich weitaus am meisten Zeit verbracht. Wie schon in «Far Cry 3» ist dieser Teil des Spiels schlicht grossartig designt. Denn wie wir einen Stützpunkt erobern, ist uns völlig freigestellt. Wir können im Gebüsch um ihn herumschleichen, mit einer Fotokamera die Wachen auskundschaften und dann hineinschleichen und Alarme deaktivieren. Oder mit einem schallgedämpften Scharfschützengewehr aus der Distanz die Wachen ausdünnen. Oder mit Granaten und Raketen eine Feuerhölle entzünden. Oder mit Schrotflinte und hoch zu Elefant durch den Stützpunkt reiten und Chaos anrichten.
Jäger
Diese Stützpunkte wurden im Vergleich zu «Far Cry 3» sogar noch verbessert. Einerseits, weil wir neu jede Eroberung beliebig oft wiederholen, also ganz unterschiedliche Strategien durchprobieren können. Und andererseits, weil es eine neue Klasse von Gegnern gibt, die Jäger. Wenn die auf einem Stützpunkt herumschleichen, müssen wir gewohnte Strategien stark anpassen. Denn sie verstecken sich gut, wir übersehen sie also leicht. Und sie bleiben auf der Mini-Karte unten links im Gegensatz zu anderen Gegnern nicht markiert, auch wenn wir sie bereits im Fadenkreuz hatten.
Und schliesslich verändern sie das Verhalten der Tiere um sie herum. In «Far Cry 3» war es eine bequeme Strategie, einen Tiger-Käfig in einem Stützpunkt aufzuschiessen und den Tiger die Soldaten angreifen zu lassen. Wenn nun aber in «Far Cry 4» ein Jäger neben diesem Tiger steht, geht das Viech nicht auf die Soldaten, sondern stattdessen direkt auf uns los. Fast in die Hosen gemacht hab ich, als mir das das erste Mal passiert ist, und sofort einen Fehler im Spiel vermutet. Doch jetzt schätze ich die Ergänzung, weil es die Eroberungen anspruchsvoller und damit spannender macht.
Die Freiheit des Hubschraubers
Die grosse Freiheit, die uns «Far Cry 4» zugesteht, lässt sich auch an einem anderen Beispiel illustrieren: einem Mini-Helikopter. Jedes andere Spiel hätte uns dieses Gefährt lange vorenthalten und erst spät zugänglich gemacht. Denn wir können damit natürlich überall hinfliegen, ohne am Boden in die Bredouille zu geraten. Statt lange und kompliziert auf Türme zu klettern, setzen wir einfach gleich oben auf. Man könnte also behaupten, der Hubschrauber macht das Spiel zu einfach.
Doch «Far Cry 4» setzt uns den Hubschrauber gleich zu Beginn vor die Nase und vertraut uns: Wenn wir uns das Leben einfacher machen wollen und ganze Spielabschnitte einfach überfliegen, dann können wir das tun. Denn wir merken schnell, dass wir uns damit Spass nehmen und reduzieren den Einsatz des Hubschraubers wieder. Wir lernen also den Umgang selbst, statt dass uns «Far Cry 4» die «richtige Spielweise» aufzwingt.
Die Ubisoft-Methode: Copy/Paste
Natürlich ist auch in «Far Cry 4» die Methode von Hersteller Ubisoft überdeutlich sichtbar: Hat man eine erfolgreiche Marke (wie auch «Assassin’s Creed» aus dem gleichen Haus), bringt man möglichst schnell eine nächste Version heraus, die im wesentlichen mehr vom Gleichen ist. So erkennen wir nicht nur Mechanik wieder, sondern gar einzelne Missionen: Auch im vierten Teil sollen wir Opium-Felder verbrennen, eine offensichtliche 1:1-Kopie einer Mission aus dem dritten Teil.
Also ein Derivat – trotzdem finde ich «Far Cry 4» besser als den Vorgänger. Weil mir Kyrat besser gefällt als Rook Island. Weil die neuen Elemente wie Elefanten-Reiten oder Jäger das Spiel klar bereichern. Und weil die Geschichte im Gegensatz zum dritten Teil besser ist.
Geschichte aus dem Weg
Denn im Gegensatz zu dem doofen X-Trem-Sport-Douchebag aus Teil 3 spielen wir nun einen Secondo, der die Asche seiner Mutter in die alte Heimat zurückbringen will. Weil sein Vater ein Anführer der Rebellen war, wird natürlich der Sohn sogleich in den Bürgerkrieg hineingezogen. Das ist viel plausibler als die absurde, rassistische «Weisser rettet Eingeborene»-Geschichte des Vorgängers. Und auch grob sexistisches wie in «Far Cry 3» habe ich bisher nicht angetroffen.
Zwar bleibt die Geschichte recht belanglos. Aber das ist Absicht: Das Spiel weiss, dass es uns mit dem Erzählen aus dem Weg gehen muss. Es hält uns stattdessen die ganze Welt von Kyrat offen. Wir dürfen frei herumtoben. Das ist grossartig.
«Far Cry 4» ist für Playstation 3 & 4, Xbox 360 & One und PC. Es ist ab 18. Das Haikiew ist hier.