Ob zu Hause auf dem Sofa oder unterwegs im Tram: Google verspricht, dass wir mit seinen Apps und neuen Produkten leichter durchs Leben kommen. Etwa wenn wir uns per Google-Now, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen-Dienst, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen über die Wetterverhältnisse informieren, bevor wir zur Arbeit gehen. Oder wenn uns wieder Google Now anzeigt, welche Filme in dem Kino laufen, das während der Tramfahrt zurück nach Hause an uns vorbeizieht.
Zum 10-jährigen Jubiläum der Google-Niederlassung in der Schweiz lud der Internet-Riese deshalb Journalisten in einen temporären Pavillon auf dem Zürcher Hürlimann Areal. Dort, im Google House, sollte gezeigt werden, dass Google heute weit mehr ist als nur eine Suchmaschine.
Während des Rundgangs durch den Pavillon wird schnell klar, dass Produkte von Google heute in unserem Alltag tatsächlich omnipräsent sind. Im Wohnzimmer etwa, wenn wir per Chromecast-Adapter YouTube Filme auf den Grossbildschirm streamen. Oder in der Küche, wo wir per Sprachabfrage Nährwerttabellen abrufen können und im Büro, wenn wir mit Googles Apps für Unternehmen gemeinsam mit Kollegen ein Dokument bearbeiten. Fragt sich bloss, ob uns diese Dienste tatsächlich so viel Arbeit abnehmen, wie der freundliche Google-Vertreter nicht müde wird zu betonen.
Die «Internet-Familie» im «Internet-Haus»
Die Idee jedenfalls, durch Software und Elektronik das Leben und nicht zuletzt die Hausarbeit leichter zu machen, ist nicht neu. Sucht man nach Zeitungsartikeln zu Begriffen wie «Zukunftshaus» oder «Haus der Zukunft», findet man vor allem aus der Jahrtausendwende viel Material. Damals startete mit futurElife im Kanton Zug ein Projekt, das ein normales Einfamilienhaus zum sogenannten Internet-Haus machen wollte. «Von der neusten Kommunikationstechnologie bis zum modernsten Wohndesign soll das Internet-Haus dazu beitragen, über das Leben, die Technik, die Wirtschaft und die Gesellschaft von morgen und übermorgen nicht nur nachzudenken, sondern auch damit umzugehen», schrieb damals die «Neue Luzerner Zeitung».
Über das Projekt wurde in der Folge viel berichtet. Die Sendung «Schweiz aktuell» etwa widmete dem Haus eine Sonderserie und besuchte regelmässig seine Bewohner; die Familie Steiner, die unter 71 Bewerbern das Rennen um die Auswahl der sogenannten Internet-Familie gemacht hatte. Steiners führten ihr modernes Leben denn auch gerne der Kamera vor und zeigten zum Beispiel, wie man im Internet-Haus mittels Touchscreen Lebensmittel bestellt oder per Sprachsteuerung das Fernsehprogramm kontrolliert.
Ein archaischer Tablet-Computer
Tatsächlich gibt es auf den ersten Blick einige Überschneidungen zwischen dem, was Google heute als Haus der Zukunft vorführt und dem Internet-Haus der Familie Steiner. Die Sprachsteuerung etwa – allerdings genügt dafür heute ein Smartphone, während Steiners dazu noch ein extra Mikrofon brauchten. Oder die Haussteuerung per Computer: Im Google House lassen sich per Tablet Videos von YouTube auf den Fernsehbildschirm bringen. Familie Steiner steuerte ihren Haushalt noch vornehmlich per Desktop-PC. Ein Tablet gab es im Haushalt zwar auch, im Gegensatz zu den schlanken Geräten von heute war das allerdings ein klobiges Ungetüm.
«Das Tablet von damals, das wir mit einem Stift bedienen mussten, war noch völlig archaisch», erinnert sich Familienvater und Informatiker Daniel Steiner im Gespräch mit SRF Digital.
Das futurElife-Projekt ist zwar beendet, doch Steiner wohnt mit seiner Famile weiterhin im Haus. Mittlerweile übernimmt auch dort das Smartphone die meisten Steuerungsaufgaben, etwa wenn die Vorhänge gezogen oder der in die Wohnzimmerdecke eingelassene Beamer ausgefahren werden soll. «Diese Dinge funktionieren alle noch sehr gut und die Möglichkeiten dazu werden von unserer Familie auch gerne gebraucht», so Steiner.
Ein offenes System statt eigens gebauter Hardware
Anderes hat sich als weniger praktisch erwiesen. Das Bestellen von Lebensmitteln per Touchscreen im Haus etwa: «Das System war zu kompliziert und zu wenig offen. Damit so ein Service wirklich funktioniert, müssten auch Dritte wie eben die Lieferanten dabei mitmachen», sagt Daniel Steiner. Und die hätten in solchen Dingen oft schon eigene Lösungen entwickelt, die sich nicht einfach ins System des futurElife-Hauses einbauen liessen.
Hier zeigt sich der grosse Unterschied zwischen dem Internet-Haus von damals und dem Google House von heute: Während das futurElife-Haus noch so etwas wie eine grosse, eigens für das Projekt gebaute Hardwarelösung war, setzt Google auf Software, auf Apps und Dienste, die wir sowieso schon jeden Tag benutzen und deren Zweck nicht auf den Haushalt beschränkt ist. Ein offenes System also, das auch Dritte leicht mitbenutzen können und das weniger Gefahr läuft, bald vom Fortschritt der Technik abgehängt zu werden.