«Warum ist das Einbürgerungsverfahren in der Schweiz so kompliziert?»
Das hat mit unserer Tradition und dem politischen System der Schweiz zu tun. Für ordentliche Einbürgerungen sind die Gemeinden zuständig. Da es in der Schweiz über 2202 Gemeinden gibt, sieht auch jedes Verfahren anders aus. Im Schnitt dauert eine Einbürgerung anderthalb Jahre. Die Schweizer Gemeinden wollen an der Hoheit über Einbürgerungsverfahren festhalten. «Die Einbürgerungen sollten dort stattfinden, wo die Menschen leben und integriert werden», sagt Christoph Niederberger, Direktor des Schweizerischen Gemeindeverbands.
«Warum will man sich einbürgern lassen, wenn es doch so viel Zeit und Geld kostet?»
Da gibt es unzählige Gründe. Das haben wir von unseren HörerInnen und Studio-Gästen immer wieder gehört. Comedian Charles Ngulea erzählte uns im Interview, dass ihm der Schweizer Pass besonders beim Reisen helfen würde. Er lebt seit fast 20 Jahren in der Schweiz, hat aber den kongolesischen Pass. Dieser ist auf dem Ranking der Pässe auf Platz 98 und verlangt daher bei der Einreise in die meisten Länder ein Visum. Der Schweizer Pass auf Platz 7 würde das Reisen um einiges vereinfachen.
Als Künstler wird es zunehmend anstrengend, für jedes Reiseziel ein Visum beantragen zu müssen.
«Warum will man sich NICHT einbürgern lassen?»
Das ist eine Frage der Identität. Dabei können familiäre, persönliche oder berufliche Gründe eine grosse Rolle spielen. «Wenn ich meinen holländischen Pass abgebe, dann bekomme ich ihn nicht so schnell wieder zurück. Darum ist das für mich keine Option», erzählt uns die Holländerin Nadine Lankreijer.
Wenn meiner Familie je etwas geschehen würde und ich zurück müsste, will ich das auch können.
Es gibt auch Menschen, die sich nicht einbürgern lassen, weil ihnen die finanziellen Mittel fehlen oder sie den bürokratischen Prozess scheuen. Je ähnlicher ein Land der Schweiz ist, desto weniger lassen sich die Menschen von dort einbürgern. «Deutsche oder Franzosen haben nicht viel davon», sagt Walter Leimgruber, Präsident der Schweizer Migrationskommission.
Und: Viele junge Männer verzichten auf den Schweizer Pass, weil sie dann zwei Pässe hätten und nicht in zwei Ländern Militärdienst leisten wollen.
«Welche Nationen stellen die meisten Anträge zur Einbürgerung?»
2019 wurden beim Staatssekretariat für Migration (SEM) 42'050 Einbürgerungen verzeichnet. Ein Drittel aller Anträge stammt dabei von Menschen aus Deutschland, Italien oder Frankreich. Der prozentuale Anteil der Nationalität kann auf regionaler Ebene variieren.
«Kann jemandem der Pass wieder entzogen werden?»
«Das ist möglich», sagt Michael Lamatsch, Leiter Einbürgerungen der Stadt Zürich, «aber nur, wenn die Person noch eine andere Nationalität besitzt». Es sei nicht möglich, dass einer Person der Pass entzogen wird und diese dann staatenlos da steht. Eine Einbürgerung kann beispielsweise dann für nichtig erklärt werden, wenn die Person beim Einbürgerungsverfahren falsche Angaben gemacht hat oder eine Scheinehe führt. Jedes Jahr werden um die 50 Einbürgerungen vom Staatssekretariat für Migration (SEM) annuliert. Zwei Jahre nach der Annullierung kann erneut ein Einbürgerungsantrag gestellt werden.
Laut dem SEM kann zudem in extremen Fällen einem Doppelbürger die Staatsängehörigkeit entzogen werden. Dieses Verfahren tritt ein, wenn sich eine Person zum Beispiel der Spionage, Terrorismus, Extremismus oder organisierter Kriminalität schuldig macht.
«Warum kostet eine Einbürgerung so viel?»
Eine Einbürgerung kostet in der Schweiz im Schnitt 2000 Franken. Zu den hohen Kosten tragen die vielen Stufen bei, die bei dem Verfahren involviert sind. So summieren sich einerseits die Gebühren auf Gemeinde-Ebene mit den Gebühren auf Kantons- und Bundesebene. Dazu kommen Kosten für Unterlagen, die man für die Einbürgerung beschaffen muss, sowie Gebühren für die ID und den Pass. Der Preis variiert von Gemeinde zu Gemeinde stark. Am günstigsten ist das Verfahren in Lausanne mit 800 Franken. Am teuersten in Schwyz mit 3600 Franken
«Was sind die häufigsten Gründe für ein gescheitertes Einbürgerungsverfahren?»
Laut Michael Lamatsch, Leiter Einbürgerungen der Stadt Zürich, kann dies beispielsweise geschehen, wenn die Sprachkenntnisse noch ungenügend sind und ein zusätzlicher Sprachkurs absolviert werden muss oder wenn noch Einträge im Betreibungsregister bestehen. Eine Einbürgerung kann zudem scheitern, wenn die Person zum Zeitpunkt des Verfahrens Sozialhilfe abhängig ist.