Sibylle, 41
Als ich vor gut fünf Jahren meine Arbeitsstelle verlor, wurde mir bewusst, dass ich kaum soziale Kontakte habe. Ich bin ein Einzelkind, wohne in einem anonymen Block, bin in keiner Beziehung und habe auch sonst keine Freunde. Damals, als sich alle anderen einen Freundeskreis aufgebaut haben, habe ich das irgendwie verpasst.
Ich habe keine Freunde.
Den Wiedereinstieg in die Arbeitswelt gelang mir nicht sofort. Und ich merkte, wie ich als Arbeitslose mit wenig Geld nicht mehr gleich am sozialen Leben teilnehmen konnte. Ich zog mich noch mehr zurück und fühlte mich noch einsamer.
Als dann noch die Pandemie kam, war es echt brutal. Man wusste nicht, was das für ein Virus ist. Ich war verunsichert und vollkommen auf mich alleine gestellt. Weil auch alle Kaffees geschlossen waren, kam ich dann wirklich gar nicht mehr unter Leute.
In der Pandemie war es am Anfang echt brutal.
Seit einiger Zeit bin ich wieder aktiver, mache mehr Sport, bin in einer Lesegruppe, singe im Chor und bemühe mich um Kontakte. Aber noch immer sehne ich mich nach einer richtigen Freundschaft mit Tiefgang. Ich muss wieder neu lernen, mich Menschen zu öffnen und ganz wichtig: Ich muss lernen, mit Zurückweisungen umzugehen.
Naima, 32
Ich kenne Einsamkeit sehr gut. Bei mir ist Einsamkeit stark mit Verlusten verbunden. Also entweder durch einen Todesfall oder durch Beziehungen, die auseinander gehen.
Als ich mich mit Corona ansteckte und in Isolation war, kam dieses Gefühl der Einsamkeit zurück. Ich suchte nach Angeboten spezifisch für junge Menschen und merkte, dass es da nicht wirklich viel gibt und, dass das Thema an sich weiterhin ein grosses Tabu ist. So entschloss ich mich, offen mit dem Thema umzugehen. Ich baute im Internet eine Plattform für junge Menschen auf, die sich einsam fühlen. Auch in den sozialen Medien rede ich offen über das Thema Einsamkeit.
Ich merkte, dass die Nachfrage gross ist. Es melden sich sehr viele junge Menschen bei mir, die sagen: «Ja, ich kenne dieses Gefühl, auch ich bin einsam.» Ich vermittle diese dann zum Beispiel mit einer Selbsthilfegruppe. Oft hilft es den Betroffenen in einem ersten Schritt schon, dass sie realisieren, dass sie mit ihrem Problem nicht alleine sind.
Es melden sich viele junge Menschen, die auch einsam sind.
Für mich selber habe ich gemerkt, dass ich zuerst lernen muss, alleine zu sein, bevor ich die Einsamkeit angehen kann. Wer nicht mit sich selber klarkommt, weiss oft auch nicht, was er überhaupt in einer Beziehung sucht.
Rohan, 33
Ich würde mich als sehr soziale Person beschreiben, habe langjährige Freundschaften und bin ein aktiver Vereinsmensch. Ich arbeite im Verkauf, habe auch dort mit vielen Menschen zu tun und lasse mich aktuell zum Lehrer ausbilden.
Irgendwann war da eine Leere in meinem Leben.
Vor einigen Jahren entdeckte ich die Fotografie. Ich merkte aber, dass sich in meinem Freundeskreis niemand für dieses Thema begeistern liess. Also habe ich meine Passion alleine ausgelebt. Irgendwann war da aber eine Leere, so würde ich es bezeichnen. Wenn man Begeisterung hat für etwas und da niemand ist, mit dem man diese Freude teilen kann, fühlte sich das wie eine Leere im Leben an.
Ich merkte, dass ich etwas ändern muss. So startete ich Aufrufe auf Social Media und fragte, wer mit mir meine Passion zum Fotografieren ausleben möchte. Am Anfang erlebte ich ein paar Rückschläge, denn es meldete sich niemand. Mittlerweile haben wir eine Fotogruppe gegründet, mit Leuten in meinem Alter. Ich bin gespannt, wie sich das entwickelt.