So war die 39. Ausgabe des Gurtenfestivals:
Die psychedelische Instrumentaltruppe YIN YIN lieferte einen perfekten Start in die brütend heissen Berner Festivaltage. Mit der heiss begehrten Zoe Wees, den nicht mehr ganz so explosiven Kraftklub, dem angesagten Jack Harlow, dem zu Unrecht immer noch unberühmten King Pepe, dem souveränen Pablo Nouvelle und dem unbestrittenen Headliner von Tag 1, den Black Eyed Peas, meldete sich das Gurtenfestival nach der zweijährigen Zwangspause zurück.
Ach ja – für alle, die da waren und sich gewundert haben, wieso der abgeklärte und gleichzeitig herzliche Auftritt der Black Eyed Peas 20 Minuten Verspätung hatte – wir klären auf: Die Band kam verspätet auf den Berg und gab vor dem Konzert trotzdem noch Interviews. Daher – das hier ist für euch:
Am Tag zwei des Gurtenfestivals verbreiteten die Parcels nette Festivalstimmung, Priya Ragu erntete klar zu wenig Applaus für eine eigentlich packende Show, Crimer wollten alle sehen und der britische Rapper Skepta liess sich cool feiern und peitschte seine Rhymes durchs Gelände der Zeltbühne. Eine Nummer für sich, war die amerikanische Rapperin Megan Thee Stallion. In einer visuell eher kargen aber hochexplosiven Show, rappte sich der Superstar die Seele aus dem Leib …
… ah genau – und da war noch Erykah Badu, die auf dem Gurten über James Brown stolperte und irgendwie liegen blieb. Hä? Badu liess ihre Band aufspielen und das Publikum in James-Brown-Manier warten. Und warten. Und warten. Nach fast 30 Minuten Rampe, betrat die Neo-Soul-Diva die Bühne und es war leider schnell klar, dass sie einiges von der Magie verloren hatte, für die man Badu in vergangenen Tagen vergötterte.
Hitzetag #3 auf dem Gurten: Steff La Cheffe eröffnet die Hauptbühne. Es ist zu heiss für grosse Tänze des Publikums. An Band und Künstlerin liegt es nicht. Kings Elliot brilliert auf der Waldbühne, Ibeyi überzeugen auf der grossen Bühne vor kleinem Publikum und Dino Brandâo liefert solid ab. Das Konzert des Tages spielten am Freitag aber ganz klar die belgischen Balthazar. Da stimmte von der visuellen Inszenierung über die Dramaturgie der Setlist und der songdienlich eingesetzten Virtuosität des Quintetts schlichtweg alles.
Und wie war der brasilianische Mega-Star Anitta? Nun. Sie war da und richtete gross an. Anitta hat aber definitiv mehr Follower auf Instagram (über 60 Mio) als Ausstrahlung oder progressive Ansätze, wie man eine unvergessliche Festival-Show auf die Bühne bringt.
Letzter Tag auf dem Gurten: Die undankbare Aufgabe in der Nachmittagshitze den letzten Festivaltag auf der Hauptbühne zu eröffnen, übernahm die Londoner Band Los Bitchos. Da gute Musik meistens besser in den Abend passt, darf man solche Konzerte stimmungsmässig eigentlich gar nicht bewerten. Höchstens lauwarm war Ayra Starrs kurzes Gastspiel auf der Zeltbühne. Die nigerianische Sängerin spulte lustlos ein paar Songs runter und machte kein Geheimnis daraus, dass dabei stimmlich so viel ab Band mitläuft, dass ihr gesangliches Mitwirken für diesen Auftritt keine tragende Rolle spielte.
Im Vorabend feierte Bern feierte ihre Rap-Helden Chlyklass. Vor der Hauptbühne stand die halbe Stadt. Mehr Platz – aber auch etwas mehr Bewegung, war in den ersten Reihen der Zeltbühne während des druckvollen Konzerts der amerikanischen Band Turnstile. Joya Marleen wird auch in Bern geliebt und Sirens Of Lesbos beeindruckten mit ihrer Präzision.
Die britische Rapperin Little Simz schaffte es nur partiell, den Funken springen zu lassen. Je länger das Konzert dauerte, desto mehr schimmerte die aufregende Künstlerin durch. Wirkliche Magie entstand aber zu keinem Zeitpunkt. Frisch und relativ locker fühlte sich der Auftritt von Sophie Hunger und Bonaparte an. Allerdings konnte sich in diesem Kontext weder Bonaparte noch Sophie Hunger künstlerisch voll entfalten und so stand der Kompromiss als streckenweise verhinderndes Element bei diesem Auftritt immer mal wieder mit auf der Bühne.