Sobald am jeweils letzten Juni-Wochenende die ersten OpenAir-Jünger ihre Zelte im Hang am Sittertobel aufstellen, gibt es kein Halten mehr. Und warum? Aus Liebe zur Musik, ja - aber auch die Freundschaft ist ein wichtiger Faktor. Das fast familiäre Miteinander sorgt bei den meisten OpenAir-St.Gallen-Gängern schon Wochen vorher für Schmetterlinge im Bauch. Und es ist ansteckend; ich gebe zu: Mich hat es auch erwischt!
Andere 40-Jährige befinden sich mitten in der Midlife-Crisis. Der Körperumfang nimmt eher zu, die Haarmenge bei Herren tendenziell eher ab. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt, neue Perspektiven müssen her. Auch das OpenAir St. Gallen feiert dieses Jahr sein 40-jähriges Bestehen. Aber von einer Krise ist im Sittertobel weit und breit nichts zu spüren. Das Festival begeistert sein Publikum in alter Frische - und wie! Mein Fazit:
Festivalstyle
St. Gallen ist so etwas wie der Prototyp eines Festivals: Hier gibt's (noch) keine Cüpli-Fraktion, die Bühne ist gross - aber nicht riesig. Barzelte gibt es hier in etwa so viele wie Besucherzelte. Übermässig viel Wert auf Oberflächlichkeiten wie Dekoration oder Design wird im Sittertobel nicht gelegt. Und das stört auch niemanden.
Publikum
Im Sittertobel fühlen sich alle willkommen. Alteingesessene Festivalgänger, Jugendliche - aber auch Familien haben das OpenAir für einen Tagesausflug genutzt. Und selbst wenn ein Zelt nach einer durchregneten Nacht den Hang hinunterrutscht und das Publikum im Schlamm versinkt: Vom Wetter lässt sich hier niemand die Laune verhageln.
Line-Up und Show
Mit Radiohead als Headliner haben die Organisatoren einen Coup gelandet. Und der hat mehr als funktioniert! Das Konzert der Briten war etwas vom Besten, was ich in letzter Zeit gesehen habe. Das ist aber nicht die einzig gute Nachricht. Auch unbekanntere Acts wie der Berliner Schlager-Rapper Romano oder The Very Best haben im Zelt für viel Schweiss und Freude gesorgt. Der deutsche Musiker Joris hat mit dem ganzen Sittertobel gesungen. Und seine Landsleute Annenmaykantereit haben eindrucksvoll bewiesen, wieso der Hype um sie auch zu uns übergeschwappt ist. Mit Mumford & Sons haben die Organisatoren ihrem Publikum auch für Sonntag ein schönes Highlight eingeplant.
Komfort
Sagen wir mal so: An Seife und Toilettenpapier hat es nie gemangelt. Ansonsten sieht's an einem Festival nach zwei Regentagen halt nicht immer schön aus. Da machen die St. Galler aber auch keinen Hehl draus. Müssen sie auch nicht.
Rahmenprogramm
Auch wenn sich die St. Galler eigentlich eher Gitarrenklänge anstatt House-Beats auf die Fahnen geschrieben haben, pumpen hier den ganzen Tag die Bässe aus den Partyzelten. Das stört hier aber keinen. Die Leute wollen Party machen - vor, nach und während der Konzerte.