Wenn es eine Schweizer Band gibt, die in den letzten Monaten über sich hinausgewachsen ist, dann ist das Hecht. Ihre Fangemeinde wird, wie im letzten Jahr beim Bieler Rapper Nemo, von Auftritt zu Auftritt grösser. Und das liegt nicht daran, dass wir bei beiden Acts einen Fisch vor Augen haben. Jaja. Sorry. Hecht jetzt aber: Was ist das Erfolgsrezept der Luzerner?
Sympathie bis zum Abwinken
Das breite Grinsen von Hecht-Frontmann Stefan Buck ist nicht nur unbezahlbar. Es ist auch echt. Mit ihm möchte man Bier trinken gehen, Tschutti-Bilder tauschen oder ihn zum Schwiegersohn haben – je nach Alter eben. Buck ist ein Anti-Star und das macht ihn aus.
Hecht, die momentane Live-Macht
So wie sich Hecht für ihr Publikum abrackern, ist beispielslos. Diese Band macht alles für ihre Fans - bedingungslos und mit unendlich viel Freude. Auf die Frage, was Hecht bei ihren Live-Shows richtig machten, gibt es nur eine Antwort: ALLES!
Das Hit-Potenzial der Hecht-Songs
Wie Stefan Buck beim Songwriting vorgeht, entzieht sich meiner Kenntnis. Klar ist aber: Hecht-Songs funktionieren wie gut gemachte Werbe-Slogans. Buck würde in seinen Songs nie auf irgendeinen südamerikanischen Berg wandern, er geht auf den Machu Picchu. Dahin, wo viele schon waren oder hingehen wollen. Er würde nie auf einer «Triumph» verunfallen, denn er scheint zu wissen, dass «Kawasaki» als Wort besser klingt und mehr auslöst.
Ob bewusst oder unbewusst: Das Hecht-Songwriting ist äusserst clever. So funktioniert Popmusik für die Massen. Die Geschichten sind klar verständlich, die Struktur der Lines logisch aufgebaut und doch nicht so geschliffen, dass man ihnen Kalkül unterstellen könnte.
Sind Hecht die neuen Patent Ochsner?
Wer tritt in die Fussstapfen von Patent Ochsner oder Züri West? Würde diese Frage nicht immer mal wieder an mich herangetragen, hätte ich sie mir wahrscheinlich noch nie gestellt. Schliesslich braucht es keine neuen Züri West und auch keine neuen Patent Ochsner. Diese Bands sind was sie sind und neue Bands dürfen sein und werden, was sie wollen.
Trotzdem. Die Frage, welche Mundart-Bands heute Songs schreibt, die wir in 20 Jahren noch singen, ist natürlich legitim. Auf der Suche nach Antworten darf man sich durchaus mit Hecht beschäftigen. Auch Nemo oder Lo & Leduc gehören in diese Diskussion.
Ich persönlich habe aber das Gefühl, dass Dabu Fantastic, der zurzeit nachhaltigste Mundart-Act ist. Wieso? Lo & Leduc, Nemo und Hecht haben die Gabe Instant-Knüller-Songs zu schreiben. Songs, wie leckere Erdbeer-Glace. Das gibt unglaublich attraktive und sofortige Zuckerschübe. Doch es ist Glace. Es sind Songs, die ihre Gültigkeit nicht zwingend behalten.
Anders Dabu Fantastic. Songs wie etwa «Min Ort» (2010) haben eine ganz andere Tiefe. Das ist ein zeitloser Song, der auch acht Jahre nach Release noch Wachstumspotenzial hat. Eine solche Nummer hat ihren Peak vielleicht noch gar nicht erreicht, was mich daran glauben lässt, dass Dabu Fantastic, das zurzeit grösste Versprechen für die Zukunft des Mundart-Pops sind.