LED-Screens, Instrumente, eigene Lichteffekte, eigene Soundanlage Feuerwerk, und und und: Wie es sich mittlerweile gehört, reist jede Band, die an einem grossen Festival ihr Publikum mitreissen möchte, mit eigenem Material von Festival zu Festival.
Damit das Material rechtzeitig und komplett ankommt, ist eine ausgefeilte Logistik gefragt. Gilt für jedes Festival, aber ganz besonders für das Gurtenfestival.
Hier ist alles schräg, nichts ist ebenerdig. Und die Zufahrt ist eng und einspurig.
Damit spricht Schilt die grösste Herausforderung an: Zum Festivalgelände auf dem Berner Hausberg führt lediglich ein einziges, schmales Strässchen. Ein 40-Tonnen-Lastwagen käme zwar mit viel Fahrgefühl hoch, könnte aber unterwegs nicht wenden. Deshalb ist es für die von den Bands eingesetzten Sattelschlepper eine unmöglich zu bewältigende Anfahrt.
Damit die Co-Headliner-Show der beiden deutschen Rapper Marteria und Casper, die für Donnerstag, 23:45 Uhr angesetzt ist, also rechtzeitig beginnen kann, müssen Schilt und seine Crew bereits frühmorgens ready sein. Wir haben sie bei ihrer Arbeit begleitet:
07:00 Uhr: Ausladen & Umladen
Los geht es rund 17 (!) Stunden vor Konzertbeginn. Über Nacht sind vier Sattelschlepper angekommen. Der Inhalt wird auf einem Parkplatz der Gemeinde Kehrsatz am Fuss des Gurtens in acht kleinere Lastwagen umgeladen.
«Alle Produktionen, die schon einmal auf dem Gurten waren, wissen haargenau wie es hier abläuft und was für eine eingespielte Crew wir sind», sagt Schilt. Produktionen, die zum ersten Mal mit ihm zusammenarbeiten, seien zu Beginn skeptisch. Diese Form von Materialtransport sei für sie ungewohnt, erzählt er weiter.
07:30 Uhr: Die engste Stelle
Dass «selbst nach oben fahren» für die Bands und ihre Crews keine realistische Option ist, merken sie spätestens am Nadelöhr der Gurtenauffahrt.
«Spätestens wenn ich ihnen diese Stelle zeige», Schilt zeigt uns eine enge Wegstelle zwischen zwei Bauernhäusern, «merken alle, dass sie besser unten umladen». (In der Vergangenheit haben hier schon einige Lastwagen am Haus angeschlagen und Spuren hinterlassen.)
08:00 Uhr: Ausladen hinter der Bühne
16 Stagehands und vier Techniker entladen das Material, das in der sehr knapp bemessenen Ausladezone hinter der Hauptbühne eintrifft.
Bis jetzt hat noch jede Band rechtzeitig angefangen zu spielen.
Bis dorthin kann es jedoch ein steiniger Weg sein. Wenn Bands mit übergrossen Gegenständen anreisen. Das war beispielsweise beim Bühnendekor von Muse der Fall: «Wir mussten dafür extra einen Spezialtransporter organisieren. Das dauerte ewig. Da kamen wir ans Limit.»
11:00 Uhr: Soundcheck, Videoproben, Projektionstests
Sobald die ganze Show von Marteria und Casper auf der Bühne aufgebaut und gestestet ist, wird sie bereits wieder runtergenommen und auf beiden Bühnenseiten verstaut. Nur wenn jeder Handgriff sitzt, ist es später möglich, die ganze Show während der einstündigen Umbaupause für den Auftritt bereit zu machen.
Wer jetzt einen Blick auf die Bühne wirft, dem wird sofort klar, warum der ganze Materialtransport schon früh am Morgen stattfinden muss. Später am Tag, wenn andere Bands die Bühne bespielen und der Weg auf den Gurten hinauf mit zahlreichen Personentransporten belegt ist, wäre eine ordentliche Installation praktisch unmöglich.
Die Arbeit, welche hinter den Kulissen am Gurten stattfindet, ist eine produktionstechnische Meisterleistung. Diese passiert aber im Hintergrund. Oder hast du dich schon mal gefragt, wer wann das ganze Material auf die Bühne geschleppt hat? Jetzt weisst du es.
Auffallend: Zwar wird überall geschraubt und gebastelt, die Stimmung ist jedoch äusserst ruhig: «Keine Hektik und nichts», sagt Schilt. «Am Morgen ist es hier immer sehr ruhig. Das ist die schönste Zeit hier», strahlt er.