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Heiraten – ja oder nein? «Die Ehe ist nach wie vor ein sehr wirkmächtiges Ideal»

Die Ehe hat immer noch einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft. Insbesondere das Hochzeitsfest – nicht zuletzt wegen den Sozialen Medien, sagt die Soziologin Fleur Weibel.

Unsere Welt ist schnelllebig und unsicher: Unverbindlichkeit, Mobilität, Globalisierung, Digitalisierung – hinter jeder Ecke wartet eine andere Option. Da kann man die Heirat durchaus als sehr verbindlichen Gegenentwurf sehen. Zwei Personen sind gewillt, sich entgegen dem Zeitgeist aufeinander festzulegen und geben sich im traditionellen Gefüge «Ehe» gegenseitig Halt und Sicherheit.

Seit Mitte der 80er-Jahre liegt die Zahl der Eheschliessungen konstant zwischen 38'000 und 46'000 pro Jahr. Berücksichtigt man das Bevölkerungswachstum bedeutet das jedoch, dass es jährlich weniger Eheschliessungen gibt. Im Gespräch mit der Soziologin Fleur Weibel geht «Input»-Redaktorin Mariel Kreis dem romantisierten Ideal der Ehe auf den Grund.

Fleur Weibel, Soziologin

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Fleur Weibel trägt kurze, hellblonde Haare und hat blaue Augen
Legende: Soziologin Fleur Weibel Privat

Fleur Weibel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum Gender Studies der Universität Basel. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Heiratspraktiken, Ehe bzw. eingetragene Partnerschaft, Intimbeziehungen, Liebe, sowie queer-feministische Kritik. Ihre Dissertation mit dem Titel  «Wir heiraten» beschäftigt sich mit gegenwärtigen Heiratspraktiken von hetero- und homosexuellen Paaren in der Schweiz. 2019 hat sie die Geschäftsleitung des Think Tank Gender & Diversity übernommen und seit 2021 ist sie Mitglied des Grossen Rats des Kantons Basel-Stadt.

Fleur Weibel, Sie sagen, die Ehe ist immer noch populär, ganz besonders das Hochzeitsfest. Welche Rolle spielen dabei die Sozialen Medien?

Die sozialen Medien sind zentral. Die Bilder, die man vorher in TV-Shows wie «Die Traumhochzeit» oder Hollywood-Filmen gesehen hat, lassen sich heute selbst produzieren und veröffentlichen. Dadurch verstärkt sich die Idealisierung der romantischen Hochzeit in Weiss und die kollektive Vorstellung, wie eine «richtige» Hochzeit auszusehen hat, reproduziert und verfestigt sich.

Deutschland verzeichnet aktuell einen Hochzeitsboom. Nach der Pandemie entlädt sich da ein Hochzeitsstau. Ein anderer Grund ist auch die Einführung der «Ehe für alle» im Jahr 2017. Ist ein ähnlicher Trend auch in der Schweiz zu erwarten?

Mit der «Ehe für alle» wird es wohl in den nächsten Jahren zu einem kleinen Anstieg der Eheschliessungen kommen. Wie langfristig dieser Trend ist, lässt sich meiner Meinung nach nicht abschätzen. Ich persönlich denke aber, die Heirat und das Feiern von Hochzeiten kommt nicht so schnell aus der Mode, eher im Gegenteil.

Vorsorgeauftrag, Entbindung der Schweigepflicht, Testament – «Input»-Redaktorin Mariel Kreis kämpft sich durch den Konkubinats-Dschungel. Was man regeln soll oder muss, wenn man sich für ein Konkubinat entscheidet, hören Sie von Rechtsanwältin Karin von Flüe im Audio.

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