Lug... Ich bin ganz ehrlich mit dir. Wenn du einfach biz Blabla suchst hier, so biz trendy Tattoo-Shizzle, dann wird dich dieser Artikel wohl nicht interessieren. Er ist nicht kurz, so easy hip kurz zum Überfliegen und dann mitreden. Aber ich bin überzeugt, wenn du dich wirklich für Tätowierungen, deren Geschichte in der Schweiz und für die Familie Leu interessierst, dann High Five.
Filips Kindheit: Die erste Tätowierung mit 10 Jahren
Das Studio The Leu Family's Family Iron ist in Sainte-Croix im Kanton Waadt. Filip spricht ruhig und überlegt. Er hört dir aufmerksam zu, wenn du was sagst. Seine Frau Titine (Künstlerin und schaut für die Administration im Tattoostudio) und Filip haben uns mit Tee und Kaffee versorgt, Finken gegeben beim Reinkommen und uns fühlen lassen, als wären wir alte Freunde der Familie. Keine Arroganz, kein Von-oben-Herab, keine Scheinwelt.
Diese Story zeigt so gut, wie gross und wie bescheiden Filip ist: «Vor ein paar Jahren kam ein Typ ins Studio und sagte: ‹Ich bin auf der ganzen Welt unterwegs und in jedem Tätowier-Studio sehe ich deine Aufkleber. Jetzt weiss ich, dass du der beste Tätowier-Künstler der Welt bist.› Darauf ich: ‹Nein, ich bin der Typ, der am meisten Aufkleber verteilt.›»
Filip zeigte mir sein Familienbuch mit vielen Fotos von Früher. Und erzählte Geschichten aus der Kindheit: «Ich bin nie zur Schule. Wir waren immer am reisen mit der Familie. Darum mag ich Abschlussball-Filme so sehr, weil ich das halt selber nie erlebt habe. Mit 10 Jahren hat mich mein Vater das erste Mal tätowiert, es war ein Stern. Dass ich dann sehr früh selber tätowieren lernte, war meine Entscheidung».
Persönliche Geschichten über seinen verstorbenen Vater
Und wir haben über seinen verstorbenen Vater Felix gesprochen, welcher als Urvater der modernen Tätowierung gilt. «Mein Vater ist eine Ikone. Alles was er tat, machte er zu hundert Prozent. Er war ein guter Vater. Er wusste, wie er das Beste aus den Leuten rausholen konnte. Er war ein guter Motivator, Anführer und Lehrer. Ich war richtig angepisst, als er Krebs bekam und daran gestorben ist.» Man spürt die enge Bindung, welche sie in der Familie Leu haben und auch pflegen.
Facetimen mit Loretta ohne Gebiss
Am Schluss, als wir bereits am Zusammenpacken waren, ist Titine zu mir gekommen. Am Handy war Loretta, die Mutter von Filip (und logo - die Frau von Felix). Facetime. Loretta ist eine ältere, gebrechliche Frau mit ganz wachen Augen. «Ein Moment, ich muss aber erst mein Gebiss rein tun», lacht Loretta. Ich erklärte ihr, was wir da eigentlich gefilmt haben, weil sie das als Familienoberhaupt managt. Hmm... Filmen und doch kommt es nicht im TV? Kann sie nicht ganz verstehen. Als ich ihr anbiete, all unser Filmmaterial auf einem Stick zu schicken, flippt sie vor Freude schier aus.
Das alles war im Oktober. Mittlerweile ist alles geschnitten und verarbeitet. Das fertige Resultat wie auch das Rohmaterial bei Loretta angekommen. Und die Zeilen «Ich danke euch Dreien (dem Inked-Team) für eure Arbeit, die ganze Familie Leu hat grosse Freude» lösen mehr in mir aus, als ich mir vorstellen konnte. Aber lustigerweise nicht Stolz oder etwas dermassen. Sondern eine Dankbarkeit. Und wenn du hier immer noch mitliest, dann rate ich dir, besuch die Familie Leu einmal. Die Reise lohnt sich in allen Belangen. Und wenn du sie schon kennst, wirst du genau wissen, was ich hier versuche zu beschreiben.