Am liebsten würde er Lastwagenfahrer werden. «Du hast keinen Chef neben dir, kannst verschiedene Länder bereisen und lernst ganz viele Menschen kennen», sagt Mahdi. Bis er die Fahrprüfung machen kann, dauert es aber noch. Momentan besucht er die 8. Klasse in Küssnacht.
Seit einem Jahr lebt Mahdi in der Schweiz und seit Herbst im «Haus der Jugend». Das Jugendheim ist eine Caritas-Institution, die Kindern und Jugendlichen aufnimmt, die alleine in die Schweiz geflüchtet sind. «Am ersten Schultag haben mich die Kollegen gefragt, woher ich komme», sagt Mahdi. «Als die Schüler erfuhren, dass ich aus Afghanistan komme, war für sie alles klar. Auf Youtube und Facebook hatten sie gesehen, dass in meinem Land Krieg herrscht.»
Die anderen Boote waren voller Menschen. Sie alle ertranken im Mittelmeer vor meinen Augen. Nur unser Boot kam heil an.
Mahdi wuchs im Iran auf. Schon als Kind musste er arbeiten, da die Familie sonst zu wenig Geld gehabt hätte, um die Kinder in die Schule schicken zu können. «Am Morgen ging ich zur Schule, danach schneiderte ich bis 21.00 Uhr Frauenhosen.» Doch die Kosten für die Schule wurden immer teurer. Als Mahdi 14 Jahre alt wurde, entschied er sich, alleine in ein «besseres» Land zu fliehen.
Ein Schlepper führte ihn durch den Iran und die Türkei. Da harrte er mit anderen, fremden Menschen aus, bis Zeit war, ein Boot zu besteigen. Mitten in der Nacht rief der Schlepper die Flüchtlinge zusammen. «Zwei andere Boote waren voller Menschen. In unserem sassen nur etwa 30 – in den anderen etwa 50 Personen», erzählt Mahdi. Seine Stimme wird leiser, er blickt auf seine Hände. «Beide Boote gingen unter. Alle Menschen starben.»
Seine Erlebnisse auf der Flucht beschäftigen ihn sehr. Vor kurzer Zeit ist seine Mutter gestorben. Ihr Tod lässt ihn nicht los. Sie nie wieder zu sehen, ist für ihn sehr schwer zu akzeptieren. Sämtliche Bilder von seiner Mutter, von zu Hause oder der Flucht hat er gelöscht. Zu sehr schmerzen ihn die damit verknüpften Erinnerungen.
Sein grösster Wunsch ist es, bald mit seinen Geschwistern und seinem Vater wieder vereint zu sein. Und obwohl er jetzt noch nicht recht daran glaubt, möchte er irgendwann wieder in sein Heimatland zurückkehren: «Wir Afghanen müssen in unserem Land für Frieden sorgen. Egal, woher wir kommen oder woran wir glauben – wir sind schliesslich alles Afghanen.»