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Fangesänge im Stadion «Hopp Schwiiz» – geht’s noch lahmer?!

Fans der Schweizer Fussball-Nati zeichnen sich nicht gerade durch gesangliche Kreativität aus. Ganz im Gegensatz zu den Club-Fans.

Im Fussball gibt’s zwei Sorten Fans: diejenigen, die nur bei grossen internationalen Ereignissen wie der WM oder EM aus den Löchern kriechen und sich mit lustigen Fan-Accessoires herausputzen. Und diejenigen, die jedes Wochenende ihren Club in einem Stadion anfeuern und dafür aufwändige Choreos auf die Beine stellen. Ok, das ist überspitzt formuliert. Im Kern aber wahr.

Drei Schweizer Natifans die sehr gelangweilt schauen
Legende: Wo bleibt die Stimmuuuuuuung?! Schweizer Nati Fans an der Euro 2008. AP Photo/Ivan Sekretarev

Ultra-Songentwicklung

Am deutlichsten zeigt sich der Unterscheid beim gesanglichen Unterstützen des Teams. Fans der Nationalmannschaft bringen vielleicht ein rhythmisches «Hopp Schwyz» zustande. Ultra-Gruppierungen gehen ausgeklügelt ans Werk. Das zeigt das Beispiel der Berner Ostkurve. Als Kurve wird der Ort bezeichnet, wo die Ultra-Fans jeweils stehen.

eine grosse Menge an YB Fans
Legende: Die Berner Ostkurve Keystone/Peter Schneider

«Innerhalb der Berner Ultras gibt es eine Gruppe, die für Songentwicklung zuständig ist», sagt Adrian Werren von der Fanarbeit Bern. Diese Leute suchen nach geeigneten Songs und dichten Texte um. So wurde aus «Run this Town» von Jay-Z & Rihanna zum Beispiel «Hüt spiut YB wider mau» oder «So High» von SXTN wurde zu «Weisch no dä Tag», eine Anspielung auf den Titelgewinn der Berner Young Boys nach 32 Jahren Durststrecke.

Schweizer Ultras

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Als Ultras werden fanatische Fans bezeichnet, die ihre Mannschaft bestmöglich unterstützen wollen: Fahnen schwingen, aufwändige Choreographien entwerfen und umsetzen, sowie akustische Unterstützung der eigenen Mannschaft mit Trommeln und Gesang. Entstanden ist die Ultra-Bewegung in den 1950er-Jahren in Italien. In der Schweiz haben sich die ersten Fussballverrückten Ende der 1990er-Jahre zusammengeschlossen.

Damit die anderen Fans die neuen Songs üben können, werden Flyer mit QR-Codes gedruckt. Diese führen zu Gesangsmelodie und neuem Text. Darüber hinaus hat die Berner Ostkurve letztes Jahr ein Gesangsbüchlein im Stadion verteilt.

Einfach und eingängig

Stilistisch ist bei den Songs fast alles dabei. Einziges Kriterium: Die Gesangsmelodien müssen eingängig, wiedererkennbar und schnell mitsingbar sein. Sprich: Man arbeitet vorwiegend mit Hits. Thematisch geht es oft ums eigene Fansein, die Liebe zum Club und Aspekte der Fankultur wie das Hinterherreisen.

Die Ultras hätten durchaus den Anspruch, nicht einfach nur Banales zu singen, erzählt Adrian Werren im SRF 3 Musikpodcast Sounds! Zentrale. Zumal es zwischen den Kurven auch so etwas wie einen inoffiziellen Wettbewerb gebe.

Adrian Werren und die Fanarbeit

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ein Porträt von Adrian Werren, Fanarbeiter Bern
Legende: Adrian Werren Thomas Hodel

Der 45-jährige Adrian Werren ist ausgebildeter Sozialpädagoge sowie Fachmann öffentlicher Verkehr. Seit Sommer 2023 ist er 50% bei der Fanarbeit Bern angestellt. Die Anlauf-, Informations- und Beratungsstelle betreibt aufsuchende Sozialarbeit, Präventionsarbeit in den Bereichen Gewalt und Sucht, vermittelt zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen und stellt den Dialog von Klub, Behörden und Polizei sicher.

Kurven-Wettbewerb

«Wenn eine Ultra-Gruppierung einen neuen Song clever vertont, gibt’s dafür Anerkennung von den anderen Kurven», sagt Werren. Dabei werden auch Songs und Melodie aus anderen Ligen übernommen. Texte von andern Schweizer Kurven umzutexten, sei aber verpönt. Umso ärgerlicher sei es gewesen, als die Südkurve des FCZ vor Jahren plötzlich «Dr Eskimo» von Mani Matter angestimmt habe. «Das hat sogar mich geärgert, dass wir Berner da nicht selbst draufgekommen sind», sagt der Fanarbeiter und lacht.

Wettbewerb auch bei den Choreos

Auswirkung aufs Spiel

Fussallfans werden oft als 12. Mann bezeichnet, weil sie wesentlicher Bestandteil eines Spieles sind. Ob ihr Gesang einen direkten Einfluss hat auf die Leistung der Teams, lässt sich allerdings kaum messen.

Beim Frauenfussball dürfe der Einfluss kaum vorhanden sein, weil sich dort der Publikumsaufmarsch in Grenzen hält. Beim Männerfussball habe die Akustik bestimmt Auswirkungen auf das Spielgeschehen, sagt Fanarbeiter Adrian Werren. «Gleichzeitig glaube ich aber auch, dass die Fans ihren Einfluss überschätzen.»

Egal wie gross dieser Einfluss tatsächlich ist, bei den kommenden Spielen der Schweizer Nationalmannschaft kann diese jede Unterstützung gebrauchen. Wenn der Fan-Gesang dabei etwas kreativer ausfällt als einfach nur «Hopp Schwiiz» zu brüllen, dürfte niemand böse sein.

Gisela Feuz

SRF-Musikredaktorin

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Gisela Feuz ist Gesellschafts- und Musikredaktorin für SRF 2 Kultur und SRF 3 und Teil der Sounds! Zentrale.

 

SRF3, 13.6.23, 11:15 Uhr

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