Nebst seinem Job als Frontmann der Popband OneRepublic schreibt Ryan Tedder Hits für Superstars: Adele, Beyoncé und Paul McCartney klopften schon bei ihm an. Im Interview verrät er die Geheimzutat, die einen Song zum Hit macht.
SRF: Wie schreibt man einen Hit?
Ryan Tedder: Es gibt nicht eine einzige Formel dafür, sondern etwa hundert verschiedene Wege, um einen Hit zu schreiben. Wichtig ist, dass man kontinuierlich neue Songs veröffentlicht. So steigert man die Chance, einen Hit zu landen.
Was ist der wichtigste Bestandteil eines Hit-Songs?
Die Melodie. Ich suche immer nach Melodien, die sich anfühlen, als hätte man sie irgendwo schon mal gehört. Hitmelodien klingen sofort vertraut, obschon man sie noch nie gehört hat. Und diese Melodie sollte auch dazu bewegen, sie immer wieder hören zu wollen.
Ich suche immer nach Melodien, die sich anfühlen, als hätte man sie irgendwo schon mal gehört.
Du suchst also nach Melodien mit Suchtpotenzial?
Ja, die besten Songs haben «Umami», das ist die fünfte Geschmacksrichtung neben süss, salzig, bitter, sauer. Umami ist die undefinierbare Zutat, die asiatische Gerichte so lecker macht und alle dazu bringt, weiterzuessen, obwohl wir längst satt sind.
Was sollte man unbedingt unterlassen, wenn man einen Hit schreiben möchte?
Erstens sollte man sich nicht endlos Gedanken machen. Zweitens sollte man nie jemandem seine Hit-Idee abspielen, bevor man darüber geschlafen und sich den Song am nächsten Tag nochmals angehört hat. Die meisten Songwriter sind so überzeugt von ihren frisch geschriebenen Songs, dass sie sie falsch wahrnehmen. Der schlimmste Fehler jedoch ist es, wenn man Songs nicht fertig schreibt. Ich nenne das Startversagen, wenn man hundert Songs anfängt und keinen abschliesst.
Der schlimmste Fehler ist es, wenn man Songs nicht fertig schreibt. Ich nenne das Startversagen, wenn man hundert Songs anfängt und keinen abschliesst.
Merkst du schon beim Schreiben, ob es ein Hit wird?
Ich schreibe heute keine Melodien oder Textzeilen mehr, die nicht gut sind. Das ist die Erfahrung. Aber es wurde generell schwieriger, einen Hit zu schreiben, als 2007 als ich anfing, weil es heute einfach viel mehr Songs und Konkurrenz gibt.
Braucht man heute mehr Glück als früher?
Definitiv. Wenn vor 15 Jahren ein Song überdurchschnittlich gut war, und der Artist und die Promotion dahinter stimmten, war der Hit quasi vorprogrammiert. Heute spielt Glück eine viel grössere Rolle. Vor allem in den sozialen Medien.
Wie unterscheiden sich heutige Hits zu früheren?
In den letzten zehn Jahren wurden die Hits immer kürzer. Es gibt heute keine Hits mehr mit ausschweifenden Zwischenteilen. Zudem beginnt ein Hit heute immer direkt mit dem Refrain, weil die Aufmerksamkeitsspanne der streamenden Hörerschaft nachgelassen hat.
Werden Hits in Zukunft von künstlicher Intelligenz geschrieben?
Ich hoffe nicht. Ich glaube, gute Hits basieren auf menschlichen Emotionen und leben von Spielereien wie zum Beispiel Lizzos Zeile «It's bad bitch o'clock». Sowas erfindet so schnell kein Computer. Obwohl die Programme bekanntlich immer lernfähiger werden. Deshalb wird es wohl immer wahrscheinlicher, auch wenn ich es nicht mag.
Das Gespräch führte Claudio Landolt.
Dieses Interview entstand im Rahmen des aktuellen Sounds! Story-Podcasts, in dem SRF-Musikredaktor Claudio Landolt sich mit Ryan Tedder und der Zürcher Musikerin Janine Cathrein (Black Sea Dahu) zum Thema «Wie schreibt man einen Hit?» unterhielt. Hier gibt's die Sounds! Story zum Anhören: