Er ist der erfolgreichste Popstar Deutschlands: Herbert Grönemeyer. Nun erscheint sein 16. Album «Das ist los». Musikredaktor Gregi Sigrist beantwortet sieben Fragen rund um die Musik und das Leben des knapp 67-Jährigen.
SRF: Was bedeutet dir ein neues Album von Herbert Grönemeyer?
Gregi Sigrist: Inzwischen nicht mehr allzu viel. Ich bin ein Kind der 80er und mit «Bochum», «Sprünge» und «Ö» zum Fan geworden. Von da aus entdeckte ich Grönemeyers Discografie zurück bis zum Anfang und laufend nach vorne. Nach «Mensch» (2002) liess mein Interesse nach.
Weil nicht alles anders blieb?
Mir fehlte das musikalische und textliche Überraschungsmoment. Und wenn mich etwas überraschte, dann war ich davon nicht fasziniert. Dies führte dazu, dass ich mich mit den Alben der letzten bald 20 Jahre nicht mehr gross beschäftigte.
Und was ist mit «Das ist los»?
Es ist interessant, dass sich Grönemeyer in seinen Texten fast gänzlich davon verabschiedet hat, einfache, konkrete Fragen zu stellen. Das Album ist ein Konzentrat von Beobachtungen und Feststellungen. Die Songs gleichen nicht selten musikalischen Fotografien unserer Gesellschaft.
Wie erklärst du dir das?
Ich glaube, da ist Weisheit mit im Spiel. Ein Menschenleben ist zu kurz, um sich einen Reim darauf zu machen – aber lang genug, um darüber zu reimen und zu realisieren, dass uns am Ende gar nichts anderes übrig bleibt, als Fotos zu schiessen und zu akzeptieren, dass es ist, wie es ist.
Willst du damit sagen, Herbert Grönemeyer hat aufgegeben?
Auf keinen Fall. «Das ist los» bietet nicht nur Trost, Halt und Inspiration in einer Welt, die arg in Schieflage geraten ist. Dieses Album zeigt einmal mehr auf: Grönemeyer will mit seiner Musik nicht in erster Linie gefallen. Er will bewegen. Und zwar am liebsten das grosse Ganze.
Und? Kann er das?
Ich glaube, die Frage in der Kunst darf nie sein, ob etwas funktioniert. Es geht immer nur darum, ob man es probiert oder nicht. Und Grönemeyer versucht es, was unterstreicht, dass er ganz sicher nicht und nichts aufgegeben hat.
Wer soll sich das neue Album anhören?
Alle, die bereit sind, sich ein Album mehr als einmal anzuhören. Grönemeyer-Fans natürlich und Leute, die die textliche Brillanz dieses Künstlers neu- oder wiederentdecken wollen und gleichzeitig bereit sind, über gewisse Ausrutscher hinwegzusehen. «Das ist los» ist kein Werk, um es als Ganzes bedingungslos einzurahmen. Es bietet aber einen Rahmen, um Grönemeyer am Anfang seines vielleicht letzten relevanten Kapitels zu entdecken.