1991 legten Patent Ochsner mit der «Schlachtplatte» den Grundstein für eine beachtliche Karriere. Im selben Jahr war es Paul McCartney, der als erster Künstler seinen «MTV Unplugged»-Auftritt veröffentlichte. Dreissig Jahre später sollte die unterdessen zur Kultband avancierte Kapelle um Frontmann Büne Huber es ihm gleichtun und als erste Schweizer Band bei dem renommierten Konzertformat auftreten.
Der Auftritt: Im ehrwürdigen Casino Bern
Die Anspannung im Saal ist von der ersten Reihe bis zu den Plätzen auf der Galerie spürbar. Jede Person, die sich an diesem Abend im Publikum befindet, weiss um die Exklusivität dieses Erlebnisses: Wer hier sitzt, hatte grosses Glück, denn die Tickets für die beiden «MTV Unplugged»-Konzerte von Patent Ochsner waren innert Minuten ausverkauft.
Das Setting ist vielversprechend: Trotz der atemberaubenden Kulisse im grossen Konzertsaal des Casinos Bern, dem Kulturgut von nationaler Bedeutung und UNESCO-Kulturerbe, welches üblicherweise das Berner Symphonieorchester beheimatet, wähnt man sich in einem Wohnzimmer. Die Bühne ist mit Perserteppichen ausgelegt und in dezentes Licht gehüllt, die Szenerie wirkt beinahe gemütlich und intim.
Büne Huber betritt den Schauplatz. Der Frontmann und Bandleader von Patent Ochsner wirkt hochkonzentriert, nervöser als sonst. Das Lampenfieber ist vergleichbar mit einer Show bei einem Heimspiel auf dem Gurten. Die Selbstsicherheit kehrt jedoch schnell zurück: Mit jeder Minute scheint er sich wohler zu fühlen, mit jedem gespielten Song und dem darauffolgenden frenetischen Applaus.
Die Setlist: Eine musikalische Reise durch die Patent-Ochsner-Biografie
Das Konzert ist eine Zeitreise durch die Geschichte von Patent Ochsner. Die Setlist ist sorgfältig zusammengestellt, bietet einen musikalischen Querschnitt durch die Band-Biografie. Bekannte Hits haben ihren Platz wie auch Songs aus dem Repertoire, die neben den Evergreens neu aufbereitet für Farbtupfer sorgen: So hat man die Berner Band noch nie gehört. Fein instrumentiert und schon beinahe filigran, werden die Stücke in ihr neues, akustisches Gewand gehüllt – auf ihren Kern und die Emotionen reduziert.
Büne Huber gelingt das Kunststück, die Rolle des Bandleaders zu keiner Zeit zu verlassen, gleichzeitig aber die 14-köpfige Band und die musikalischen Gäste strahlen zu lassen. Sei es beim herzerwärmenden Duett «Annaluna» mit dem italienischen Cantautore Mimmo Locasciulli, der gefühlvollen und bisher unveröffentlichten Ballade «Durscht & Hunger» mit Heidi Happy, der hinreissenden Neuinterpretation von «Bruscolo di Terra» mit Daniela Sarda, Sängerin des Elektropop-Duos True, oder dem nicht wiederzuerkennenden «Guet & Gärn» mit Olombelo Ricky, Musiker und langjähriger Freund der Band, der eigens für diesen Auftritt aus Madagaskar angereist ist .
Die Gäste stehen im Scheinwerferlicht. Die Herzlichkeit mit der sie auf der Bühne empfangen werden, erinnert an ein Familienfest und ein Wiedersehen mit lange vermissten Freunden.
Die Empfehlung: Ein Must-See
Wenn man denkt, eine Band wie Patent Ochsner hätte alles erreicht, was es zu erreichen gibt, belehrt sie uns eines Besseren. Nicht, weil es sich um «MTV Unplugged» handelt, sondern ganz einfach, weil es Büne Huber und seiner Entourage gelingt, mit einer beispiellosen Liebe zum Detail die eigenen Songs neu zu arrangieren – und zwar so, als würde man sie zum ersten Mal hören. Jede Geschichte aus Büne Hubers Songkartei wird quasi neu erzählt, selbst wenn es sich um ein Lied handelt, das längst zum Schweizer Kulturgut gehört.
Das Publikum dankt es ihm und der ganzen Band mit Tränen und Standing Ovations. Zu Recht.